123 CD / Ernst Pepping: Lieder für Chor
Beschreibung
Der Goethe-Zyklus Heut und ewig ist E. Peppings umfangreichstes weltliches Chorwerk. Es wurde im Rahmen der Goethe-Ehrung des (West-)Berliner Magistrats am 16. Juli 1949 durch die Spandauer Kantorei uraufgeführt. Eigentlich war seine Erstaufführung – im Jahr des Goethe-Jubiläums naheliegend – für die großen Goethe-Feiern in Weimar geplant; aber diese gesamtdeutsche Absicht wurde durch die politischen Ereignisse noch während der Entstehung des Werkes überholt. Eine Reise in die Sowjetische Besatzungszone war im Sommer 1949 für einen West-Berliner Chor nicht nur politisch inopportun, sondern auch riskant geworden. So geriet Peppings Goethe-Zyklus ungewollt in das kulturpolitische Labyrinth im Vorfeld der Gründung zweier deutscher Staaten, die sich beide sehr gern als geistige Erben des größten deutschen Dichters sehen und darstellen mochten…
10 Bewertungen für 123 CD / Ernst Pepping: Lieder für Chor
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Cellesche Zeitung –
Das Sächsische Vokalensemble unter Matthias Jung gehört schon seit vielen Jahren zu den besonders interessanten und ambitionierten Kammerchören Deutschlands. Wenn er im Sommer im Rahmen von „Sachsens Glanz im Celler Land“ mit einem Mendelssohn-Programm in Wienhausen gastiert, wird ein Programm zu erleben sein, das gerade auf einer empfehlenswerten CD erschienen ist. Hier soll aber explizit auf eine andere Produktion dieses Chores hingewiesen werden. Mit der Einspielung des Liederkreises „Heut und Ewig“ von Ernst Pepping nach Gedichten von Goethe hat das Sächsische Vokalensemble vor geraumer Zeit eine Pioniertat vollbracht, die gar nicht genug gerühmt werden kann. Nicht nur dass dieser Chor den musikalisch wie technisch höchst anspruchsvollen, konzertabendfüllenden Zyklus mit einer Souveränität und einem Ausdrucksreichtum singt, dass man nur noch staunt, er bringt auch die geradezu kristalline Klarheit dieser zu Unrecht kaum aufgeführten Musik bestens zur Wirkung. Wer diese Aufnahme hört, möchte nicht nur mehr von diesem Chor hören, sondern auch Musik von genauso wenig aufgeführten Stilgenossen Peppings wie Distler oder David.
Reinald Hanke
Stuttgarter Zeitung –
(…) Ohne einen Chor wie das Sächsische Vokalensemble, das den heiklen Zyklus unter seinem Leiter Matthias Jung aufgenommen hat, wäre die späte Freude an dieser Musik kaum möglich. Man staunt beim Hören über die äußerst klare, wie selbstverständlich wirkende Artikulation der Texte. Kaum ein Detail geht in dieser auch klangtechnisch hervorragenden Produktion verloren; die so raffinierten Linien in „Anakreons Grab“ haben hier den angemessenen Raum, die entsprechende, auch trautige Süße.
tur
International Record Review –
(…) Das Sächsische Vocalensemble nimmt die überraschenden technischen Herausforderungen, die diese scheinbar anspruchslose Musik stellt, mit Leichtigkeit. Es widmet sich zudem ernsthaft der literarischen Struktur: Peppings ironische Gegenüberstellung der Verse wird bewusst umgesetzt, und die fünf Bände, aus denen das Ganze besteht, werden liebevoll geformt. Der Chor ist meisterhaft in der Stimmungsmalerei – flink wechselt er zwischen emotionalen Zuständen und schafft dabei wunderbare klangfarbliche Vielfalt selbst bei leisen Dynamiken. (…)
Simon Heighes
Lied & Chor –
(…) Diese vom beherrschten Ausdruckswillen eines überaus sensiblen Menschen durchdrungenen Tongemälde heute zu entdecken, ist eine Aufgabe, der sich nur profilierte Ensembles stellen wollen. Profiliert meint hier nicht in erster Linie technisches Können. Gleichermaßen unerlässlich sind Gespür und die daraus resultierende Fähigkeit, Peppings postulierte „Einfachheit als Vertiefung“, was wohlbemerkt komplexe Strukturen keineswegs ausschließt, zum Klingen zu bringen.
Das Sächsische Vokalensemble mit Matthias Jung am Pult löste diese Herausforderung auf der vorliegenden CD (…) mit faszinierender Perfektion und frappierender Intensität.
(…) In der daraus resultierenden Vielfalt an Inhalt, Ausdruck und stilistischen Eigenheiten agiert das Sächsische Vocalensemble überaus souverän. Den Sängerinnen und Sängern gelingt ein technisch sehr ausgefeilter Chorklang. Zudem verfügen sie über eine vielfarbige Klangsprache und durchscheinende Vitalität, was sie befähigt, die Ausdruckspalette dieser Werke von karger Sachlichkeit bis hin zu glühender Emhase minutiös auszugestalten. Peppings Chorzyklus „Heut und ewig“ wird so zu einem dramaturgisch abwchslungsreichen wie spannenden Szenario. (…).
CF
Classics Today –
Wenn man den Eintrag in Grove’s über den deutschen Komponist des 20. Jahrhunderts Ernst Pepping liest – sein Schaffen wird dort vor allem als „kargen, protestantischen sakralen Chor- und Orgelmusik“ beschrieben –, mag es verständlich erscheinen, warum man sich nur zögernd seinem Werk nähert. Doch die Realität sieht ganz anders aus, wie dieses außergewöhnliche und mitreißende Programm beweist. Dieser „Liederzyklus“ für Chor, der seine Texte aus einem breiten Spektrum von 27 Gedichten Goethes schöpft, vereint alles: von brahms’scher Lyrik, linearer Eleganz und kunstvoller Textvertonung (Selbstbetrug; Herbstgefühl; Die Nachtigall) über spätromantischen Chromatismus (Heut und ewig) bis hin zu den eckigen, anti-melodischen Dissonanzen des mittleren 20. Jahrhunderts (Prometheus; Lied der Parzen). Dazu gesellen sich einige lebendige, hochrhythmische Stücke (Beruf des Storchs; Warum leckst du dein Mäulchen).
Zwar beherrscht Pepping durchaus das „Karge“, doch eingebettet ist es hier in ein weiter gefasstes Universum, das faszinierend disparate, doch harmonierende Werke umfasst – von frühromantischer Tradition bis zu den extremen Ausläufern der Spätromantik.
Die Entstehungsgeschichte dieses weltlichen Chor-Meisterwerks Peppings (das hier seine erste Einspielung erlebt) ist eng mit der Politik Deutschlands im Jahr 1949 verknüpft, dem 200. Geburtstag Goethes. Statt in Weimar fand die Uraufführung aus bekannten Gründen in West-Berlin statt. Das Sächsische Vocalensemble meistert diese anspruchsvollen Stücke mit vorbildlicher Intention und expressiver Wendigkeit – gefordert sind nichts Geringeres als absolute Intonationspräzision und blitzschnelle stilistische Anpassungsfähigkeit.
Auch das Zuhören selbst ist eine Herausforderung – doch die konzentrierte Stunde lohnt sich garantiert und wird den Hörer zu vielen Wiederholungen verleiten, schon allein, um sich mit dieser höchst originellen Musik auseinanderzusetzen. Bemerkenswert sind ihre melodisch-harmonische Gewandtheit, die unmittelbare Wirkungskraft und die komprimierte Ausdrucksdichte. Der Klang ist ideal, das Booklet liefert wichtige Hintergründe zu Komponist, Werkentstehung und thematischer Sensibilität.
Ja, dies ist ein Muss für ernste Chorfreunde – doch auch andere sollten sich nicht scheuen. Eine echte Entdeckung: historisch unverzichtbar und ein Genuss!
David Vernier
musicus –
Was Ernst Pepping 1949 zum Goethe-Jahr schuf, kommt erst in der Darbietung durch das Sächsische Vokalensemble richtig zu sich selbst. Der Grund liegt in der außergewöhnlichen Meisterschaft der Sänger, komplexe Strukturen ebenso wie sinnliches Empfinden mit der gleichen Innigkeit umzusetzen. Angesichts der Verschiedenartigkeit der vertonten Texte ist das eine erstaunliche Leistung, denn Pepping hat aus dem riesigen Fundus von Goethes Werk 27 Texte herausgesucht und sie in Musik gesetzt, mit dem Anspruch, ihre tiefere Bedeutung zu erfassen. Die Aufnahme ist ungekürzt, klanglich superb – und ein herausfordendes Vergnügen.
Crescendo –
Ewigkeit – wenn sie einem deutschen Dichter zuerkannt wird, dann Johann Wolfgang von Goethe. Das haben auch die Komponisten früh erkannt und reichlich Goethe-Verse vertont. Manches aber hat sich dem musikalischen Zugriff bis heute weitgehend entzogen. Und so bietet die Ersteinspielung von Peppings (1901-1981) „Heut und Ewig – Liederkreis für Chor nach Gedichten von Goethe“ auch inhaltlich eine Entdeckungsreise, die dem Dichterfürsten in erstaunlcih vielen Facetten nahekommt: Ironisches, Hymnen, Venezianische Epigramme – bis hin zum „West-östlichen Divan“ reicht die Palette der Texte, die Pepping in seinem umfangreichsten weltlichen Zyklus zum Goethe-Jubiläum 1949 für Chor a cappella vertont hat.
Das Sächsische Vocalensemble unter Leitung von Matthias Jung stellt sich auf seiner dritten bei Tacet erschienenen CD den höchst diffizilen Stücken. Kein Pathos findet sich in den Chorsätzen, kein leicht zu erheischender Effekt. Stattdessen: vertrackte Harmonik, raffinierte Metren, anspruchsvolle Stimmführung.
An den barocken Meistern Bach und Schütz geschult bewältigen die Sachsen diese Schwierigkeiten mit Eleganz und chorischer Disziplin. Schlank, flexibel präsentiert sich der Chorklang. (…).
BS
Sächsische Zeitung Dresden –
(…) Das Vocalensemble musiziert mit äußerster Präzision und Klarheit, bei Bedarf auch aggressiv („Prometheus“) und bei heiteren Texten mit viel Leichtigkeit. Fazit: Sehr empfehlenswert“.
Peter Zacher
Klassik heute –
Höchstnote für Künstlerische Qualität, Klangqualität und Gesamteindruck
Goethejahr 1949: Ernst Pepping (1901-1981), der vor allem mit seinem kirchenmusikalischen Schaffen nachhaltige Spuren in den vielfältigen Strömungen zeitgenössischer Kunst hinterlassen hat, widmete sich damals einer waghalsigen, weltlichen Aufgabe. Aus dem riesigen Fundus der Gedichtsammlungen Goethes filterte er ein Konzentrat von 27 Texten quer durch alle Themen und Gattungen aus der schier überquellenden Fülle von Oden, „Liedern“, Sprüchen und Hymnen bis hin zu den Venezianischen Epigrammen und Beiträgen aus dem West-Östlichen Divan des großen Weimarer Poeten heraus. Damit nicht genug, wurden nahezu alle gedankenschweren und mit mancherlei metaphorischen Hintergründen befrachteten Ergüsse dichterischer Lyrik zusätzlich durch eine nicht minder gedankenschwere, metaphorische Tonsprache zu einer regelrechten Herausforderung an die Interpreten und ihre Zuhörer hochstilisiert.
Diesen Anforderungen einer „Mehrfach-Rezeption“ von Worten, Inhalten und zeitgenössischem Klangdenken in denkbar anspruchsvoll verklausulierter Kontrapunktik, Rhythmik, simultaner Wortüberlagerung und herber Polyphonie stellt sich nun der fähige, begabte und auf eine in jeder Hinsicht feinsinnige Detailstrukturierung bedachte Chorleiter Matthias Jung mit seinen meisterhaften, mehrfach prämierten Vokalisten des Sächsischen Vocalensembles. Schon der Respeckt vor dem Resultat einer hier zu hörenden, makellosen Höchstleistung an Interpretation und Perfektion der Werkwiedergabe fordert die Bestbewertung des Ergebnisses heraus. Dazu gehört aber auch der Wagemut der Produktionsfirma, hier einer spürbar im Schatten der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts dahindämmernden Goethe-Würdigung (trotz vieler „sperriger“ Eigenheiten) die Chance der Begegnung als klingende, ungekürzte Gesamtaufnahme – dank außerordentlich fähiger und einsatzbereiter Chorsängerinnen und Sänger – eingeräumt zu haben.
Gerhard Pätzig
klassik.com –
(…) frisch, mitreißend, beeindruckend, auf höchstem Niveau, spannend vom ersten bis zum letzen Ton …
–> Original-Rezension