266 CD / Johann Sebastian Bach: Partitas Part 2 BWV 827, 828, 829
Beschreibung
Lange hat’s gedauert mit diesem zweiten Teil der Partiten von Johann Sebastian Bach durch die Hände von Evgeni Koroliov. Der Steinway D Flügel der ersten Folge steht mittlerweise fest in einer schönen Kirche in Wernigerode. Dort entstanden die Aufnahmen der Partiten 3 und 5. Auch einiges andere verzögerte den Fortgang, darunter der Umzug der Firmenräume von TACET. Und schließlich, wir werden alle nicht jünger. Wer könnte von sich etwas anderes behaupten? Das fordert seinen Tribut in Form von langsamerer Arbeit. Zeitlos ist nur Weniges, und dazu gehört die Musik von Johann Sebastian Bach. Die Art und Weise, wie Evgeni Koroliov sich in diese „ewige“ Musik versenkt, sie emporhebt zu zeitloser Gegenwart, so als entstünde sie in diesem Augenblick, das verändert meine Wahrnehmung von Zeit. Ich nehme ihr Fließen in mich auf. Ich stimme ihrem Verstreichen zu…
5 Bewertungen für 266 CD / Johann Sebastian Bach: Partitas Part 2 BWV 827, 828, 829
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–> Französische Originalkritik
Mit dieser Aufnahme präsentiert der russische Pianist Evgeni Koroliov, geboren 1949 in Moskau, aber seit 1978 in Hamburg lebend, Spezialist für renommierte Diskografien (Tschaikowski, Schubert, Debussy, Chopin, Beethoven, Brahms, Ravel, Strawinski), den zweiten Teil seiner Gesamtaufnahme der Klavierpartiten von Johann Sebastian Bach (Koroliov Series Vol. XXIV). In diesem Fall handelt es sich um die BWV 827 in a-Moll, BWV 828 in D-Dur und BWV 829 in G-Dur. Auch wenn vier Jahre zwischen diesem Band und dem ersten (den BWV 825 in B-Dur, 826 in c-Moll und 630 in e-Moll) liegen, der 2020 aufgenommen wurde, gibt es nichts hinzuzufügen oder wegzunehmen von dem ausgezeichneten Kommentar, den Jean-Charles Hoffele 2021 veröffentlichte (ClicMag Nr. 91, TACET265). Tatsächlich handelt es sich hier um hochreflektierte und durchdachte Interpretationen, die eine zeitlose Musik hörbar machen, dank eines Instruments, das durch Berührung, Klangfarben und Farben, die der Interpret hinzufügt, selbst zeitlos geworden ist, während er sich bemüht, sich selbst zurückzunehmen. Ein seltsamer und beunruhigender Widerspruch, der jedoch besonders von Liebhabern einer Ästhetik geschätzt wird, die so weit von den Strenge einer philologischen Rekonstruktion und den sehr persönlichen Aneignungen der Texte entfernt ist, wie sie die Interpretationen des Kantors durch Backhaus, Richter, Perahia oder Brendel zeigen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ein Ligeti gestehen konnte: „Wenn ich nur ein einziges Werk auf eine einsame Insel mitnehmen dürfte, wäre es der Bach von Koroliov, denn allein, hungernd und dürstend, würde ich ihn bis zu meinem letzten Atemzug hören und wiederhören.“ Für Unbedingte also.
Jacques-Philippe Saint-Gerand
[Automatische Übersetzung]
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Französischer Ursprungstext:
Avec cet enregistrement, le pianiste russe Evgeni Koroliov, né en 1949 à Moscou, mais Hamburger depuis 1978, spécialiste de séries discographiques de renom (Tchaikovski, Schubert, Debussy, Chopin, Beethoven, Brahms, Ravel, Stravinski), propose le second volet de son intégrale des Partitas pour clavier de Jean-Sébastien Bach (Koro¬liov Series Vol. XXIV). En l’occurrence les BWV 827 en la mineur, BWV 828 en ré majeur et BWV 829 en sol majeur. Même si quatre années séparent ce volume du premier (les BWV 825 en si bémol majeur, 826 en ut mineur et 630 en mi mineur), enregistré en 2020 il n’y a rien à ajouter ni à retrancher à l’ex¬cellent commentaire que Jean-Charles Hoffele publiait en 2021 (ClicMag n° 91, TACET265). En effet, sans recourir à l’absence de legato, et à la rythmique ainsi qu’à la métrique dactylogra¬phiques d’un Glenn Gould, voici des interprétations hautement réfléchies et pensées qui donnent à entendre une musique intemporelle grâce à un instru¬ment devenu lui-même intemporel par le toucher, les timbres et les couleurs que l’interprète y adjoint. tout en s’ef¬forçant de s’effacer lui-même. Curieux et troublant paradoxe, mais qui sera particulièrement admiré par les ama¬teurs d’une esthétique si éloignée des rigueurs d’une reconstruction philolo¬gique et des appropriations des textes tellement personnelles que celles dont témoignent en regard les lectures du Kantor que donnèrent Backhaus, Rich¬ter, Perahia ou Brendel. Guère étonnant qu’un Ligeti ait pu avouer: „Si je devais n’emporter avec moi qu’une seule œuvre sur une île déserte, ce serait le Bach de Koroliov, car, tout seul, mou¬rant de faim et de soif, je ne cesserais de l’écouter et réécouter jusqu’à mon der-nier souffle“. Pour inconditionnels donc.
Jacques-Philippe Saint-Gerand
Audio und Stereoplay 3/25 –
Audio und Stereoplay Klangtipp / Klassik-CD des Monats
Bach-Fans mussten etwas warten, bis der in Moskau geborene, seit 1978 in Hamburg lebende Pianist Evgeni Koroliov den Zyklus der sechs Partiten vollendete, den Johann Sebastian Bach (1685–1750) als eines seiner anspruchsvollsten Werke für Tasteninstrumente 1731 als sein Opus 1 (!) drucken ließ. Wie schon in Folge 1, 2020 auf zwei CDs veröffentlicht, führt uns Koroliov auf seinem Steinway auch diesmal ganz tief in eine wunderbare Welt hinein. Frei von allen Mätzchen, fließt diese technisch makellose Darstellung dahin, jedes Detail sorgfältig, aber nie grell ausleuchtend. Wo andere rhythmisch überakzentuieren oder über Nuancen im Sauseschritt hinwegfegen, bleibt Koroliov bedächtig und lyrisch. Die Aufnahme in Tacets „Inspiring Tube Sound“ trägt das Ihre zu diesem unaufdringlichen, tiefenwirksamen Seelenbalsam perfekt bei.
Lothar Brandt
Klassik heute –
–> zur Original-Kritik
Klassik heute Empfehlung!
Der russische Pianist Evgeni Koroliov, 1949 in Moskau geboren und seit 1978 in Hamburg lebend und wirkend, gilt (bei aller Breite seines Repertoires) seit jeher als Bach-Spezialist erster Güte; gerne und häufig wird Ligetis hymnisches Lob von Koroliovs Einspielung der Kunst der Fuge zitiert. War diese Einspielung im Jahre 1990 eine der ersten Tacet-Produktionen überhaupt, so hat Koroliov seitdem zwar eine ganze Reihe von Bach-CDs mit den Goldberg-Variationen, beiden Bänden des Wohltemperierten Klaviers und den Französischen Suiten folgen lassen. Insgesamt aber lässt und nimmt sich Koroliov Zeit für neue Einspielungen, und nachdem (wenn man so will: erst) 2020 die Partiten Nr. 1, 2&6 erschienen, folgen auf dem jüngsten Album nun ihre drei Schwesterwerke (Nr. 3 bis 5).
Eminente innere Ruhe und Gelassenheit
Gleichsam also über die Jahre „gereift“, sind auf diese Weise Einspielungen von höchster Vergeistigung und Verinnerlichung entstanden. Koroliovs Bachspiel zeichnet sich durch eine eminente innere Ruhe und Gelassenheit aus, getragen von einem warmen, sanft leuchtenden Timbre und eher verhaltenen Tempi, sehr melodisch und kantabel gehalten, dabei gleichzeitig die polyphonen Strukturen mit eindrucksvoller Souveränität und Klarheit herausarbeitend. Hier werden die Stimmen mit größter Sorgfalt gegeneinander abgestuft, dialogisieren miteinander, treten hervor und wieder zurück, beseelt in jedem Detail. Dabei spielt Koroliov grundsätzlich einen durchaus freien Bach mit einigem Rubato, manchmal auch kurzzeitigen Tempowechseln, gerade in den Eröffnungssätzen mitunter improvisatorisch-tastend anmutend, mit viel Sinn für die Breite an Klangfarben, die ein moderner Flügel bieten kann. Man höre nur etwa den wie entrückt, fast flageolettartig anmutenden Beginn der Sarabande der Partita Nr. 4!
Famose Darstellung der Charakteristik der Musik
Insgesamt betont Koroliov weniger den Tanzcharakter der einzelnen Sätze, sondern abstrahiert eher von diesem und interessiert sich vielmehr für die Charakteristik der Musik. Exemplarisch hierfür können u.a. die drei Giguen am Ende der Partiten stehen. Die beiden Pole bilden dabei diejenige der Partita Nr. 4, die Koroliov hell-extrovertiert, vorwärtstreibend und betont motorisch versteht – wohlgemerkt nicht im Sinne eines die Extreme suchenden Interpretationsansatzes, wohl aber im Kontext seiner eigenen Einspielung, etwa, indem er hier anders als sonst weitgehend auf Rubato verzichtet – und auf der anderen Seite diejenige der Partita Nr. 3, die er viel weicher, zurückgenommener, sicher auch zögernder versteht. Interessanterweise ist diese Gigue einer von nur drei Sätzen auf dieser CD, bei dem Koroliov auf die Wiederholung des zweiten Teils verzichtet (die beiden anderen sind die Courante und die Sarabande der Partita Nr. 4), womöglich um der Aufhellung am Schluss eine gewisse Singularität zu verleihen.
Souveräne gestalterische Kraft und Variabilität
Ansonsten demonstriert Koroliov bei den zahlreichen Wiederholungen souveräne gestalterische Variabilität, auch, aber nicht nur und schon gar nicht exzessiv in Form von Verzierungen (die Koroliov ohnehin immer wieder gerne einflicht, dabei stets sehr geschmackvoll und wohldosiert vorgehend). Eigentlich ist es vor allem ein Spiel mit subtilen Wechseln der Charakteristik der Musik, das Koroliov hier treibt, gestaltet durch flexible Agogik, Wechsel in der Artikulation oder der Lautstärke, Einbau von Arpeggien oder ganz leichten Varianten im Notentext. Sehr schön zu beobachten ist dies etwa im ersten Teil der Ouvertüre der Partita Nr. 4: ausgehend vom prachtvollen, bei Koroliov eher mit einem sanft-festlichem Leuchten versehen als auftrumpfend, atmet die Musik bis zum Doppelstrich in einem großen, meisterhaft zelebrierten Bogen aus, um diese Bewegung dann im zweiten Anlauf mit einer Spur mehr Introspektion, mehr Nachsinnen noch einmal nachzuvollziehen.
Ein großartiges, sehr stimmiges Album
Was aber bei alledem fast am meisten fasziniert, ist Koroliovs enormes Gespür für die richtige Dosis: niemals wirkt sein Ansatz forciert oder schematisch, niemals deutet er mit dem Zeigefinger auf etwas, sondern spürt mit größter Subtilität und Inspiration feinen Nuancen nach, wobei er stets zuallererst die Musik sprechen lässt, ihrem natürlichen Fluss Raum gibt. Trefflich gelungen auch der eher kurze, aber anregende, das Augenmerk auf einige sorgsam ausgewählte Aspekte lenkende Begleittext von Thomas Seedorf. Ein großartiges, sehr stimmiges Album, im Übrigen auch klanglich vorzüglich, mit einer räumlichen, den Klang des Flügels sanft zur Entfaltung bringenden Akustik.
Holger Sambale
Rondo. Das Klassik & Jazz Magazin –
–> zur Original-Rezension
[…] In allen drei Werken entführt er den Hörer auf eine Art nächtlicher Seelenwanderung, die mit großer Sensibilität und zurückhaltendem, introvertierten Ton die Seelengründe hinter den hier vorgeschriebenen Tanztypen ausleuchtet. […]
Attila Csampai
Pizzicato –
–> Originalkrititk
Pianist Evgeni Koroliov präsentiert den zweiten Teil der Bach-Partiten und knüpft nahtlos an das Niveau der ersten Aufnahme an.
Kollege Alain Steffen hat damals von einem intimistischen Bach gesprochen, und das bestätigt sich hier. Koroliovs Bach ist ein Bach der leisen Töne, die der Musik etwas zeit- und gegenstandsloses geben. Eigentlich ist es pure Magie, was da erklingt, ein Ruhebalsam von berührender Schönheit.
Koroliovs Spiel ist, wie könnte es anders sein, technisch perfekt, seine Tempi optimal gewählt und sein farbenreicher Klang von bestechender Reinheit. Die Aufnahme ist wunderbar natürlich und kommt so dem Spiel des Pianisten hundertprozentig entgegen.
Remy Franck