140 CD / The Welte Mignon Mystery: Dead or Alive

The Welte Mignon Mystery Vol. IV

Dead or Alive

Frédéric Chopin
Études op. 10, op. 25
Horowitz, Lhévinne, Ney, Pachmann, Paderewski, Schnabel, Serkin and others today playing their 1904-1928 interpretations and in addition Peter Orth playing today

EAN/barcode: 4009850014003

Beschreibung

Dies ist keine historische Aufnahme. Aber die Musik, die man hört, ist die historisch originale (in allen Feinheiten) genaue Interpretation von damals. Und das Mysterium: Der Interpret von damals war bei der neuen Aufnahme präsent, ohne selbst anwesend zu sein. Es spielt ein moderner Steinway-Flügel. Noch nie klang Musik aus den Welte-Mignon-Speichern so richtig und gut. Dank der vielgelobten TACET-Aufnahmetechnik. Und weil zuvor die Welte-Mignon-Speicher und die Reproduktionsmechanik (erstmals vom besten Fachkönner) neu justiert wurden. Und damit aufnahmereif für die Ansprüche von TACET. (Welte-Mignon ist eine Erfindung von 1904). Das Welte-Mignon-Mysterium kann nun unverfälscht zu uns sprechen.

Was ist „Welte Mignon“?

4 Bewertungen für 140 CD / The Welte Mignon Mystery: Dead or Alive

  1. Pianiste

    DIE LEKTIONEN DER VERGANGENHEIT
    Die Magie der Welte-Mignon
    Debussy, Ravel, Mahler, Einecke, Grieg, Granados… spielen ihre Werke.

    Würden Sie gerne Ravel, Debussy, Strauss, Saint-Saëns, Reger hören, wie sie auf einem modernen Klavier ihre eigenen Werke spielen? Und was halten Sie von einer „perfekten“ Wiedergabe der Interpretationen der ersten Horowitz, Fischer, Lhévinne und anderer wie Schnabel? Das deutsche Label Tacet bietet eine Anthologie der Rollen, die mit dem Welte-Mignon-Verfahren aufgenommen wurden. Das System ist einfach, aber der Wiedergabeprozess ist besonders komplex! Tatsächlich wurden die von den Komponisten selbst gespielten Stücke mit dem 1904 von der Firma Welte & Söhne in Freiburg erfundenen Gerät digitalisiert. Die damaligen Lochrollen haben den Anschlag, das Pedalspiel und die feinsten Nuancen aufgezeichnet. Heute muss man diese Aufnahmen einfach auf ein Konzertklavier übertragen.

    Es ist daher ein echter Schock, die „Children’s Corner“ und einige Préludes von Debussy zu hören, aber auch die „Sonatine“, die „Valses nobles et sentimentales“ von Ravel unter den Fingern der Komponisten selbst zu erleben. Welche Lektionen ziehen wir daraus? Zunächst einmal die erstaunliche Freiheit dieser beiden Genies in Bezug auf ihre Partituren! Es ist auch wahr, dass das Spiel von Ravel nicht immer perfekt in der Ausführung ist… Aber wenn man den rein technischen Aspekt überwindet, wird die extreme Feinheit und die Personalisierung der Anschläge deutlich. Die Dynamik ist meist zart, die Finger scheinen das Klavier nur zu streifen. Ohne jede Brutalität. Die Klarheit und Sanftheit sind verblüffend. Andere Beispiele sind ebenso beeindruckend, wie die beiden Bände, die sich mit Werken von Brahms befassen, die von Nikisch, Lhévinne, Samaroff, Ney oder auch die Etüden von Chopin, gespielt von Pachmann und Paderewski, interpretiert wurden…

    Die Virtuosität der Pianisten ist erstaunlich, aber noch mehr überrascht die Leidenschaft, das Engagement, manchmal sogar die Zierlichkeiten und die unpassenden Verzierungen, die manche Pianisten wie Ticks hervorrufen. Aus all diesen Meisterlektionen bleibt uns eine Erkenntnis: Die stärksten Persönlichkeiten entfalten sich nur nach einem tiefen und viszeralen Verständnis der Werke. Schnabel in den Walzern von Josef Strauss und Josef Lanner (wer würde das heute noch spielen?), Horowitz 1926 in einigen Préludes von Rachmaninov – sie sprechen uns an. Woher rührt der Charme und die unwiderstehliche Ausstrahlung ihrer Lesarten? Ein Rätsel.

    Jedes Jahr veröffentlicht Tacet drei oder vier neue CDs aus den Welte-Mignon-Archiven. Unbedingt sammeln.
    S. F.

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    Französischer Originaltext:

    LES LEÇONS DU PASSÉ
    La magie des Welte-Mignon
    Debussy, Ravel, Mahler, Einecke, Grieg, Granados… jouent leurs œuvres.

    Vous aimeriez entendre Ravel, Debussy, Strauss, Saint-Saëns, Reger jouant sur un piano d’aujourd’hui leurs propres Oeuvres? Et que diriez-vous aussi d’une restitution « parfaite » des interprétations des premiers Horowitz, Fischer, Lhévinne et autres Schnabel? Le label allemand Tacet propose une anthologie des rouleaux gravés par le procédé Welte-Mignon. Le système est simple, mais le procédé de restitution particulièrement complexe! En effet, les pièces jouées par les compositeurs eux-mêmes ont été numérisées à partir de l’appareil inventé en 1904 par la firme Welte & Fils de Fribourg. Les rouleaux perforés de l’époque ont capté le toucher, le jeu des pédales et les nuances les plus fines. Il suffit aujour¬d’hui de transférer ces témoignages sur un piano de concert.

    C’est donc un véritable choc que d’entendre dans un confort d’écoute optimal les Children’s Corner et quelques Préludes par Debussy, mais aussi la Sonatine, les Valses nobles et sentimentales de Ravel sous les doigts des compositeurs. Quelles leçons en retirons-nous? D’abord, l’étonnante liberté de ces deux génies vis-à-vis de leurs partitions! Il est vrai aussi que le jeu de Ravel n’est pas d’une justesse infaillible… Mais si l’on dépasse l’aspect purement technique, on s’aperçoit de l’extrême finesse et de la personnalisation des touchers. Les dynamiques sont généralement faibles, les doigts semblent effleurer le clavier. Sans aucune brutalité. La clarté et la douceur sont stupéfiantes. D’autres exemples sont frappants comme ces deux volumes consacrés à des œuvres de Brahms interprétées par Nikisch, Lhévinne, Samaroff, Ney ou bien les Études de Chopin par Pachmann et Paderewski…

    La virtuosité des pianistes est stupéfiante, mais on est plus surpris encore par la fougue, l’engagement, parfois même les coquetteries, les ornementations intempestives que certains provoquent comme des tics. De toutes ces leçons de maîtres, on retient que les personnalités les plus fortes ne s’épanouissent qu’après une compréhension viscérale et profonde des œuvres. Schnabel dans les Valses de Josef Strauss et de Josef Lanner (qui oserait jouer cela aujourd’hui ?), Horowitz en 1926 dans quelques Préludes de Rachmaninov nous interpellent. D’où proviennent le charisme et le charme insensés de leurs lectures? Mystère.

    Chaque année, Tacet publie trois ou quatre nouveaux CD des archives Welte-Mignon. À thésauriser.
    S. F.

  2. Fono Forum

    Dead men playing
    Seit Telefunken 1957 die ersten monauralen 25-Zentimeter-LPs mit Überspielungen von Klavierrollen herausbrachte, rissen die Versuche nicht mehr ab, den Fundus von weltweit knapp 20.000 Papier-Tonträgern aus knapp dreißig Jahren neu zu erschließen. Denn sie halten das Spiel der berühmtesten Pianisten ihrer Zeit in einer Klangqualität fixiert, die bei weitem die Möglichkeiten damaliger Schellacks übersteigt. TACET setzt jetzt seine 2004 begonnene Serie „The Welte-Mignon-Mystery“ fort mit den Bänden 4 und 5. Hört man in der neuen Reger-CD Frieda Kwast-Hodapp mit den Telemann-Variationen, so ist die Illusion doch schon sehr groß, „am anderen Ende“ sitze jemand aus Fleisch und Blut an den Tasten und nicht ein schwarzer Kasten. Es schleicht sich sogar ernsthaft der Verdacht ein, ob die unter Fachleuten und Sammlern verbreitete Überzeugung vom prinzipiell geringeren Dokumentarwert der Rollen sich noch uneingeschränkt aufrechterhalten lässt.
    Aber die beiden neuen CDs sind auch und vor allem inhaltlich reizvoll. Die Reger-CD bestätigt, dass Kwast-Hodapp mit Recht als eine der bedeutenden Pianistinnen ihrer Zeit gefeiert wurde. Ihre 1920er Einspielung ist schwungvoll und großzügig, sie überspielt (nach einigen Rubato-Mätzchen zu Anfang) wuchtig die etüdenhaften ersten Variationen, hält die Spannung und arbeitet die Schlusssteigerung eindringlich heraus. Ergänzt wird die Aufzeichnung durch zehn Stücke aus den Humoresken op. 20, den Intermezzi op. 45, den „Silhouetten“ op. 53 und „Aus meinem Tagebuch“ op. 82, die Reger selbst schon 1905 spielte. Einige von ihnen sind alte Bekannte. Hört man sie jetzt alle, nimmt die Achtung vor Regers Klavierspiel zu, das – hierin Kwast-Hodapp offenbar ein Vorbild – immer auf die Totale gerichtet war und ihr alle Einzelheiten unterordnete.
    Die zweite „Mystery“-Novität hat sogar Knüller-Qualität: Sie stellt aus dem Welte-Repertoire Rollen von 19 der 24 Chopien-Etüden op. 10 und op. 25 mit insgesamt 15 Pianisten zusammen. Die Liste reicht von Berühmtheiten wie Pachmann, Essipowa, Paderewski und Sauer über Lhévinne bis zu damaligen Jungstars wie Schnabel, Horowitz, Elly Ney und Serkin, die hier als Twens zu hören sind (die Geburtsjahre für Paderewski und Horowitz sind falsch angegeben). Für die restlichen fünf Etüden trat an die Stelle des Vorsetzers Peter Orth, und man kann nun raten, ob die jeweilige Etüde von der Rolle kommt, oder leibhaftig gefingert ist – daher TACET′s Titel „Dead or Alive“.
    Dies ist nicht allzu schwierig. Aber der Grund liegt weniger im Klanglichen als im Pianistisch-Stilistischen: Orth spielt doch deutlich geradliniger und bemühter als die „dead men“ (und „women“). Schnabel wirkt schon mit 23 Jahren überraschend hippelig und weit weniger „klassisch“ als ausgerechnet Horowitz, Serkin ist glänzend in der „Sturm-Etüde“, Emil Sauer bestätigt seinen Ruf als virtuoser Elégant. Bei der jungen Elly Ney bleibt in der cis-Moll-Etüde vor lauter Rubato kaum ein Ton auf dem anderen, und dass in der berühmten E-Dur-Etüde eine unbekannte Freiburgerin den vergötterten Ignaz Paderewski pianistisch und musikalisch glatt stehen lässt, ist nur noch eines der vielen weiteren Kuriosa, die diese CD bereithält: Ein Hörfest nicht nur für Klavier-Fans und Historiker!
    Ingo Harden

  3. Pizzicato

    Bei TACET ist man nie um gute Ideen verlegen, wenn es darum geht, ganze Sachen zu machen. Man hat kurzerhand den Pianisten Peter Orth verpflichtet, um die 5 Préludes zu spielen, die auf den Welte-Mignon-Rollen von Chopins Zyklen op. 10 und op. 25 fehlten. Und so wechseln sich denn die besten Pianisten der Vergangenheit mit Orth ab, um in so spannenden wie ungleichen Interpretationen den beiden Werken eine einmalig interessante Form zu geben.
    RéF

  4. Audiophile Audition

    Das neueste Kapitel des ‚Welte-Mignon-Rätsels‘ – Band IV vom deutschen Label Tacet.
    Wir haben hier bereits mehrere CDs mit den erstaunlichen Welte-Klavierrollen besprochen (einfach ‚Welte‘ in unsere Suchmaschine eingeben). Doch während die früheren Bände dieser Reihe noch nicht den mutigen Anspruch auf dem Cover trugen, die Ergebnisse klängen so ‚richtig‘, dass sie den Vergleich mit einem lebenden Pianisten nicht zu scheuen bräuchten, ist genau das der Kern der provokanten Titelgebung dieser CD: ‚Dead or Alive‘.
    Zusammengefasst war das Rube-Goldberg-artige, pneumatische Welte-Mignon-Aufnahmesystem – bereits in den 1890er Jahren perfektioniert! – seiner Zeit Jahrzehnte voraus. Es übertraff alle anderen Klavierrollen-Systeme an Klangtreue zum Original und war den knisternden Schellackplatten und Walzenaufnahmen der Epoche haarscharf überlegen. Die ursprünglichen „Aufnahme“-Geräte (Registrier-Apparate) in Leipzig, Freiburg und New York existieren längst nicht mehr. Doch wenn man die wenigen erhaltenen „Vorsetzer“-Mechanismen – mit ihren 88 miniaturisierten mechanischen Fingern – präzise justiert und vor das Klavier eines modernen Steinway-Flügels setzt, lässt sich das Ergebnis in moderner Stereo-Qualität aufnehmen. Und tatsächlich: Es kommt dem Klang eines lebenden Pianisten erstaunlich nahe – wenn auch nicht ganz, zumindest für meine Ohren.
    Doch zunächst zum einzigartigen Konzept dieser Sammlung: Beim Durchforsten der etwa 4.500 Titel im Welte-Katalog entdeckte Tacet-Chef Andreas Spreer, dass viele Pianisten damals Chopins Études auf Rollen festhielten. Nur fünf fehlten, um beide Opus-Zyklen komplett zu haben. Also engagierte er den Pianisten Peer Orth, um genau diese fünf Études auf demselben Steinway einzuspielen, der auch für die Welte-Wiedergaben genutzt wurde. Identische digitale Aufnahmetechnik kam zum Einsatz – für die „lebendigen“ wie die „toten“ Aufnahmen.
    Einige der historischen Pianisten sind heute vergessen, doch bei manchen ist der Stil unverkennbar – etwa bei Horowitz, dessen Étude genau so klingt, wie man es von seinen Schallplatten kennt. Ein direkter Vergleich zwischen „lebendig“ und „tot“ wäre einfacher gewesen, wenn Orth nur eine einzige der Welte-Études nachgespielt hätte. Doch ich wagte das Experiment und sprang zwischen den Tracks hin und her. Mein Fazit: Es gibt zwei entscheidende Unterschiede:

    Rhythmus und Phrasierung: Die Rollen klingen zu perfekt – fast schon mechanisch präzise. Orths lebendige Einspielungen fließen organischer, mit mikroskopischen Tempuschwankungen, wie sie nur ein Mensch produziert.
    Dynamik: Vor allem bei lauten Passagen hinkt die Welte-Technik hinterher. Extrem leise ppp-Stellen wirken wie auf pp angehoben, und donnernde Fortissimo-Höhepunkte (etwa in Chopins Revolutions-Etüde von Pianist Galston) klingen komprimiert – als wäre die Dynamik beschnitten. Orths Live-Aufnahmen dagegen entfalten die volle Wucht.

    Zugegeben: Die Tacet-CD ist fast frei von mechanischen Störgeräuschen – ein Fortschritt gegenüber früheren Welte-Veröffentlichungen, die oft mangelhaft waren. Doch vor etwa acht Jahren erschien bei Telarc „A Window in Time“ – zwei CDs mit Welte-Rollen, eingespielt von Rachmaninow. Statt der originalen Mechanik wurden die Rollen-Daten damals digital übertragen und über einen Bösendorfer 290E Reproducing Piano wiedergegeben. Der Klang dieser Aufnahmen ähnelt zwar dem der Tacet-CD, doch die „zu perfekte“ Präzision fällt weniger auf. Vergleicht man etwa den letzten Track der Telarc-Reihe – Rachmaninows Einspielung von Chopins h-Moll-Scherzo – mit der Revolutions-Etüde auf Tacet, wird der Unterschied deutlich: Die Klimaxe explodieren beim Bösendorfer doppelt so kraftvoll! Hier kommt die digitale Technik dem Live-Klang näher – und würde sich wohl besser gegen eine moderne Neueinspielung behaupten.
    Trotzdem bleibt Tacets ungewöhnliche CD ein faszinierendes Hörerlebnis.
    John Sunier

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