134 CD / Franz Schubert: Fantasia in F minor D940, Sonata „Gran Duo“ D812

The Koroliov Series Vol. VIII

Franz Schubert

Fantasia in F minor D940, Sonata „Gran Duo“ D812
Evgeni Koroliov & Ljupka Hadžigeorgieva, piano

EAN/barcode: 4009850013402

CD-Tipp hr2 Kultur

Beschreibung

Eine gute Nachricht für alle Anhänger von Evgeni Koroliov: Koroliov spielt auch Klavierduo, und zwar mit seiner Frau Ljupka Hadzigeorgieva. Und das nicht erst seit heute, sondern seit 30 (!) Jahren. Als TACET 1990 die erste Solo-Aufnahme von Evgeni Koroliov veröffentlichte (TACET 13 Die Kunst der Fuge), eine Platte, von der der Komponist György Ligeti später sagen sollte, dass er sie als einzige mit auf die einsame Insel nehmen würde, wunderten sich viele, warum dieser Pianist nicht schon früher in Erscheinung getreten war. Auf seltsame Weise geschieht das Gleiche mit dem Klavierduo Koroliov. Heute erscheint – von einer Spezialaufnahme mit außergewöhnlichem Repertoire abgesehen – wiederum bei TACET die erste Aufnahme des Duo Koroliov. Dass die Beiden erst jetzt, nach 30 Jahren des Zusammenspiels, an die Öffentlichkeit treten, erscheint rätselhaft, verrät aber Einiges über die Ernsthaftigkeit, mit der sie sich diesen großartigen Werken von Franz Schubert nähern.

7 Bewertungen für 134 CD / Franz Schubert: Fantasia in F minor D940, Sonata „Gran Duo“ D812

  1. Platte 11

    Vor rund zwanzig Jahren habe ich ein Konzert von Evgeni Koroliov gehört. Er spielte im Schloß Ahaus. Das Programm weiß ich nicht mehr, bin aber ziemlich sicher, dass Klaviermusik aus der Zeit der Klassik dabei war – eine Sonate von Haydn oder Mozart. Außerdem erinnere ich mich, ein paar Tage später meine Konzerteindrücke einem Freund gegebenüber etwa so zusammengefasst zu haben: Koroliov spielte unglaublich gleichmäßig, aber auch ein wenig langweilig.

    Das war keine Fehleinschätzung. Mit 19 oder 20 Jahren darf man das Klavierspiel von Evgeni Koroliov so empfinden: zu wenig Rausch und zu viel Kontrolle. Und vielleicht war Evgeni Koroliov an diesem Sonntagabend in Ahaus ja wirklich müde.

    Ungefähr zehn Jahre später kamen die ersten Bach-Einspielungen von Evgeni Koroliov auf CD heraus. Ich schrieb über seine CD mit dem Wohltemperierten Klavier II: „Jetzt hat Koroliov den zweiten Teil (BWV 846-869) eingespielt, und wieder hört man fassungslos, wie jemand absolute Kontrolle mit einer nicht zu begründenden Beseeltheit zu verbinden weiß. Das ist unendlich viel größer als Goulds Exzentrik.“

    Vor zwei Jahren brachte Tacet eine CD heraus, die nicht zu Evgeni Koroliovs bisheriger, ausschließlich aus Solo-Werken bestehender Diskographie zu passen schien, sehr wohl aber zu seiner Biographie: Koroliov im Klavierduo mit Ljupka Hadžigeorgieva. Der russische Pianist und die mazedonische Pianistin studierten zur gleichen Zeit am staatlichen Tschaikowsky-Konservatorium in Moskau. Sie sind miteinander verheiratet und treten seit über 30 Jahren auch als Klavierduo auf – nicht auf Tonträgern, aber in Konzerten. Auf der CD spielen sie Franz Schuberts Fantasie in f-moll, D940 und die Sonate Gran Duo, C-Dur, D812.

    Und wieder fällt dieser gleichsam „objektive“ Zugang zur Musik auf: Keine großen Temposchwankungen, keine überzogenen dynamischen Extreme (obwohl das Klavierduo den Beginn der Fantasie wirklich ungewöhnlich leise nimmt), alles wird sorgfältig und genau ausgeführt. Sind die beiden Künstler damit nicht vielleicht doch auf dem Holzweg? Kann man Schubert so „objektiv“ spielen wie Bach? Verlangt seine romantische Musik nicht nach „persönlichem Ausdruck“?

    Koroliov und Hadžigeorgieva zeigen, dass es auch anders geht, im Falle von Schuberts vierhändiger Musik vielleicht sogar anders gehen muss: so klar, so rein, so uneitel wie hier. In der Vierhändigkeit liegt ja schon eine Objektivierung. Zwei Spieler müssen sich auf Tempi und Dynamik einigen – da bleibt weniger Raum für individuelle Gestaltung, für Subjektivität. Auf der anderen Seite sind da natürlich auch die Widmungsgeschichte („Der Comtesse Caroline Esterhazy dediziert“) und der Entstehungszeitpunkt (Schuberts Todesjahr 1828). Sie scheinen einer dramatisch-individuellen Deutung dieser Musik einigen Vorschub zu leisten. Mag wohl sein, dass aus der Fantasie f-moll unglückliche Liebe und angegriffene Gesundheit hörbar sind. Dem steht aber wiederum eine komplexere Struktur als in den übrigen Klavierwerken Schuberts gegenüber, eine Vielstimmigkeit und Dichte, die sich gegen eine allzu subjektive Interpretation sperrt. Die vierhändige Musik von Schubert ist näher bei seinen Streichquartetten als bei seiner Klaviermusik. Und noch etwas gibt dem Duo Koroliov recht: Viele Monate soll Schubert an der Fantasie f-moll geschrieben, sie immer wieder umgearbeitet, verbessert, an ihr gefeilt und sie ergänzt haben. Nichts ist hier wie in einem Geniestreich hingeworfen worden. So wirkt auch die Aufnahme: in ihrer Regelmäßigkeit und Ausgewogenheit sorgfältig erarbeitet. Das Duo Koroliov nimmt sich selbst ganz weit zurück. Umso deutlicher tritt die Musik hervor.

    Sowieso gehört die Fantasie f-moll zu Schuberts schönste Werken.
    Heinz Gelking

  2. Fanfare-Magazin

    Tacet hat dem herausragenden Pianisten Evgeny Koroliov (geboren 1949 in Moskau) eine eigene Reihe gewidmet und bereits bedeutende Aufnahmen veröffentlicht, darunter Bachs Goldberg-Variationen und Die Kunst der Fuge sowie Werke vieler anderer Komponisten. Die vorliegende CD, als Band 8 gekennzeichnet, präsentiert seine Ehefrau als Partnerin in zwei von Schuberts glanzvollsten Beispielen für Klavier zu vier Händen.
    Dies ist nicht meine erste Begegnung mit Koroliov: In einer Ausgabe von Fanfare (19:4, 1995) schwärmte ich bereits von seiner Einspielung von Schuberts B-Dur-Sonate (D 960) und den Moments musicaux (D 780), wobei ich seine „bescheidene, aber hochsensible Musizierkunst“ lobte. Hier jedoch sind zwei Pianisten im Spiel – und es ist unmöglich (und auch gar nicht wünschenswert!), zu unterscheiden, wer die Primo- und wer die Secundo-Stimme übernimmt. Wie bei einem guten Duo erwartet, verschmelzen die beiden Spieler zu einer Einheit, und bei diesem Ehepaar ist die geschlossene, makellose Präzision der Darstellung beeindruckend. Ein entscheidender Vorteil ist dabei der Klang des Klaviers, das in allen Lagen eine gleichmäßige Sonorität bietet.
    Die beiden Pianisten bieten eine technisch souveräne und durchweg feinsinnige Interpretation der Fantasie, die überzeugend von der zarten Melancholie des Eröffnungsteils zu den hellen Kontrastabschnitten gleitet und schließlich zur Anfangsmusik zurückkehrt. Das „Große Duo“ überzeugt ebenso durch seine Gegenüberstellung von dramatischer Unruhe und unauslotbarer Süße im ausgedehnten ersten Satz. Koroliov und Hadžigeorgieva spielen durchweg brillant, stets achtsam für die feinen Nuancen von Schuberts harmonischen und stimmungsmäßigen Wandlungen – ihre Darstellung hinterlässt einen mächtigen Eindruck.
    Unweigerlich drängt sich der Vergleich mit dem Duo Yaara Tal & Andreas Groethuysen auf, die in den 1990ern bei Sony das komplette vierhändige Schubert-Repertoire in vier Bänden aufnahmen – ein Spiel von seltener Vollendung, noch unterstützt durch ihr Instrument, einen übergroßen Fazioli-Flügel. (Ihre CDs sind nach wie vor über verschiedene Händler bei Amazon erhältlich.) Doch ich empfehle nachdrücklich das Koroliov-Duo, schon allein, um diese beiden großartigen Beispiele von Schuberts Kunst auf einer einzigen CD zu vereinen.
    Susan Kagan

  3. Le monde de la musique

    Unter allen vierhändigen Klavierwerken, die Schubert auf Schloss Zseliz im Dienst von Graf Esterházy komponierte – als Lehrer seiner Töchter Marie und Caroline –, sticht die Sonate „Grand Duo“ durch ihre ungewöhnlichen Ausmaße hervor. Mit nur wenigen Themen entwirft Schubert einen ausgefeilten harmonischen Parcours.
    Es ist ein ehrgeiziges, befremdliches Werk, das weder gefallen noch rühren will, sondern in einem selbstbewussten C-Dur seine eigene Logik verfolgt. Die Fantaisie in f-Moll hebt sich ebenfalls ab – aus anderen Gründen: Ihre Tonart taucht sie in eine tödliche Schwermut, während ihr emotionaler Gehalt den Rahmen einer bloßen „Fantaisie“ sprengt. Durch ihren thematischen Reichtum und die Größe ihrer Aussage zählt sie zu Schuberts Meisterwerken.
    Das seit dreißig Jahren bestehende Duo aus dem Moskauer Pianisten Evgeny Koroliov und seiner Frau Ljupka Hadzigeorgieva ist höchst erfreulich. Koroliov, in Hamburg lebend und berühmt für seine herausragenden Bach-Einspielungen, beweist hier, dass er auch Schuberts Sprache vollkommen beherrscht. Das „Grand Duo“ erhält durch ihre Interpretation eine innere Stringenz, die Hörern oft entgeht. Mit zärtlichem Spiel und offensichtlicher Vertrautheit berührt die f-Moll-Fantaisie die verborgensten Winkel der Seele, ohne je ins Effekthaschende abzugleiten.
    Olivier Bellamy

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    französischer Originaltext:

    Parmi toutes les oeuvres pour piano à quatre mains que Schubert à écrites au château de Zseliz, au service du comte Esterhazy, comme professeur de ses filles Marie et Caroline, la Sonate «Grand Duo» se distingue par ses dimensions inhabituelles. Avec un minimum de themes, Schubert trace un chemin harmonique élaboré.
    C′est une oeuvre ambitieuse et étrange, peu soucieuse de plaire ou d′emouvoir, dans un ut majeur sûr de lui. La Fantaisie en fa mineur se détache aussi du lot, mais pour d′autres raisons. Sa tonalité la place dans une délectation mortifère tandis que son contenu émotionnel déborde le cadre de la «fantaisie». Sa richesse thématique et la grandeur de son message en font l′un des chefs-d′oeuvre de Schubert.
    Le duo formé depuis trente ans par le pianiste moscovite Evgeny Koroliov et sa femme Ljupka Hadzigeorgieva est tout à fait réjouissant. Connu pour ses formidables enregistrements consacrés à Bach, Koroliov, qui vit à Hambourg, prouve qu′il possède aussi la fibre schubertienne. Superbement architecturé, le Grand Duo gagne ici une logique interne qui n′est pas toujours saisie par les auditeurs. Dans un jeu dune grande douceur et dune évidente intimité, la Fantaisie en fa mineur chatouille les replis les plus secrets de l′âme sans jamais tomber dans l′exhibition. “
    Olivier Bellamy

  4. Die Zeit

    Schwanengesänge
    Präziser Donner von vier Händen. Schließlich eine gedankliche Fermate. Große Pause. Und jetzt, schon gen Ende und gewissermaßen im vierten (Sonatensatz-)Teil dieser wundersamen Fantasie in f-Moll (D 940) von Franz Schubert, gewinnt das Stück wieder wie von selbst in silbriger Helle und todesschwarzer Tiefe zugleich Kontur. Als sei es eine dialektische Übung. Atmosphärisch vernimmt man bereits die Stimmung jener letzten Klaviersonaten, die noch folgen sollen – Schwanengesänge sind sie alle drei. Noch einmal ballt Beethoven die Faust (c-Moll, D 958), noch einmal fühlt sich Wien aber auch warm an, hell, sonnendurchflutet. Dann kommt der Schluss. Im langsamen Satz der B-Dur-Sonate (D 960) geht der Tod so lange auf Zehenspitzen durch Schuberts Zimmer, als sei er bereits die Ewigkeit. Und bleibt auf einmal stehen. »Ein Narr bin ich, find′st nicht?«, lässt Michael Stegemann in seinem eigenwilligen Buch Ich bin am Ende mit allen Träumen Schubert zu seinem Freund Bauernfeld sagen, weil Franz, der Schnellschreiber, an eben dieser Fantasie schon vier Monate herumdoktert. Mehrere Male wird die Form geändert, Schubert traut ja mittlerweile auch einmal seinen Längen. Und doch ist es eine »teuflische Quälerei«, wie Stegmann Schubert – wohl vollkommen zu Recht – stöhnen lässt. Schließlich stellt der Komponist einen kurzen Satz voran: »Der Comtesse Caroline Esterhazy dediziert«. Natürlich – eine Unerreichbare. Hörte man′s doch.
    Evgeni Koroliov und seine Frau Ljupka Hadzigeorgieva blicken den kühnen Konstrukten Schuberts dermaßen unbestechlich auf den Grund, dass einem ganz anders werden kann. Doch selbst den selbsterzeugten Schwindel fangen diese vier Hände meisterlich sicher wieder auf. Und der Stuttgarter Tonmeister und Produzent Andreas Spreer ist seinen Künstlern wieder einmal sehr behilflich. Auch das der Comtesse nur versteckt zugeeignete Schubertsche Grand Duo C-Dur (D 812) aus dem Jahre 1824 wird klanglich bestechend tief ausgelotet: Gerade wo sich fast nichts ereignet, nämlich in der Gestaltung des Themas im ersten Satz, gewinnt der Klang eine Dimension, die wiederzugeben man seinen eigenen Lautsprechern von Haus aus gar nicht zugetraut hätte: Zum Raum wird hier die Zeit.
    Mirko Weber

  5. Klassik heute

    Der in Hamburg wirkende russische Pianist Evgeni Koroliov und seine aus Mazedonien stammende Duopartnerin (und Ehefrau) Ljupka Hadžigeorgieva bilden seit der gemeinsamen Studienzeit am Moskauer Konservatorium ein Klavierduo, das man nach dem Anhören dieser Schubert-CD gern öfter erleben würde. Da Franz Schubert als einer der Großmeister der vierhändigen Klavierkomposition gilt, sind seine diesbezüglichen Werke schon oft eingespielt worden. Dennoch bietet diese Wiedergabe nicht einfach das schon vielfach Gehörte, sondern betont – bei allem Ausspielen dramatischer Kontraste, gerade in der Fantasie – eine Schicht lyrischer Klangfarben und der besinnlichen Ruhe. Dabei behalten die beiden Musiker die zielgerichtete Bewegung der formalen Konzepte durchaus bei, schwelgen keineswegs in falschen Ritardandi. Die Ausgewogenheit zwischen einer gewissen Spätklassik und dem romantischen Empfindungsreichtum ist stets gewahrt. Interessant auch, wie im Grand Duo die reiche und differenzierte pianistische Faktur vorbildlich dargeboten wird, dennoch aber die Perspektive einer virtuellen sinfonischen Dimension dieses ja sehr ausgedehnten Werkes durchaus aufscheint – auch wenn heute definitiv feststeht, daß es sich hierbei nicht um eine verkappte Sinfonie handelt (was aber wiederum den Wert der 1855 entstandenen Orchesterfassung von Joseph Joachim nicht schmälert).“
    Éva Pintér

  6. Hessischer Rundfunk, CD-Tipp

    Vielen gilt er schon lange als Geheimtipp. Vielleicht auch, weil er sich so rar macht, werden seine CD-Veröffentlichungen immer mit einer besonderen Spannung erwartet: Evgeni Koroliov*, der in Hamburg seit Jahren als Klavierprofessor an der Hochschule unterrichtet, ist eigentlich nie zufrieden, es braucht Zeit und viel Geduld vom Produzenten, bis eine neue Aufnahme vor den Ohren des russischen Pianisten Gnade findet. Dafür war die erste Veröffentlichung 1990 bei dem Label Tacet bereits eine kleine Sensation: Bachs „Kunst der Fuge“ wurde damals hochgelobt; zum Bach-Jahr 2000 legte Koroliov sogar vier herausragende Neueinspielungen vor.
    Inzwischen hat sich die Hartnäckigkeit von TACET-Produzent Andreas Spreer ausgezahlt und die „Koroliov series“ ist bis auf Volume 8 angewachsen – und das ist wieder eine kleine Sensation, denn von einigen osteuropäischen Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen abgesehen, präsentiert sich Evgeni Koroliov jetzt zum ersten mal mit seiner Frau, der Pianistin und Ljupka Hadžigeorgieva, im Klavier-Duo. Die beiden spielen seit ihrer gemeinsamen Studienzeit in St. Petersburg vor 30 Jahren zusammen und sind als Duo mehrfach ausgezeichnet worden. Für das Tacet-Debüt haben sie sich Schubert ausgesucht. Die Sonate bzw. das „Grand Duo“ C-Dur und die Fantasie f-Moll, im Todesjahr des Komponisten entstanden. Beide Werke stehen im Zusammenhang mit Schuberts Bemühungen um die Sinfonie. Es sind Stücke mit einer weitläufigen orchestralen Struktur, das Geflecht von Stimmen und Stimmungen ist dicht gewebt – das an einem Klavier zu vier Händen hörbar zu machen, stellt die Interpreten vor einige Herausforderungen.
    Viele Klavier-Duos entscheiden sich deshalb für eine führende Stimme, die dem ganzen Glanz und Eindringlichkeit verleiht, nicht so das Duo Koroliov. Mit der gewohnten Ernsthaftigkeit haben die beiden Pianisten die orchestrale Struktur freigelegt und mit aller Disziplin die polyphonen Strukturen beleuchtet. Dem Klavierklang fehlt alles Grelle, das manchmal dem vierhändigen Klavierspiel anhaftet – ungewöhnlich weich und wunderbar warm klingt der Steinway-Flügel insbesondere zu Beginn der Fantasie. Vielleicht fehlt diesem Schubert vor allem in der Sonate bei aller intellektuellen Durchdringung manchmal die spontane Frische. Dafür kann der Hörer hier alles hören, was Schubert komponierte – er wird nicht alles beim erstenmal wahrnehmen, aber die Neuerscheinung hat eine Tiefe, die ihres Gleichen sucht.
    (…) Zum ersten Mal tritt hier das Ehepaar Koroliov als Klavier-Duo mit einer CD an die Öffentlichkeit – eine wunderbare Aufnahme, die den Nimbus Koroliov weitertragen wird. Neben der f-Moll-Fantasie ist als zweites, großes Werk die C-Dur-Sonate D 812 eingespielt, das sogenannte „Grand Duo“, ebenfalls für Klavier zu vier Händen.
    Gisela Walther

  7. NDR Kultur, Hörproben

    Seit 15 Jahren kennt die Musikwelt den russischen Pianisten Evgeny Koroliov als fulminanten Bach-Interpreten. Danach liess Koroliov hochgelobte Einspielungen von Debussy und Schubert folgen und setzte neue Maßstäbe. Jetzt tritt er gemeinsam mit seiner Ehefrau Ljupka Hadzigeorgieva in die Öffentlichkeit. Sehr spät, denn beide bilden bereits seit 30 Jahren ein eingespieltes Tastenteam. Genau das ist Koroliovs Markenzeichen, er feilt lange an seinen Interpretationen. Und das ist gut so, denn trotz vieler Vorschusslorbeeren urteilen die Kritiker streng, wenn die Qualität nicht stetig auf hohem Niveau bleibt. Also hat sich das Klavierduo Koroliov / Hadzigeorgieva Zeit gelassen, seine Interpretationen reifen lassen und wagt sich nun mit 4händigen Stücken von Franz Schubert ins Rampenlicht – mit der Fantasie f moll D 940 und dem „Gran Duo“. Antje Hinz hat die CD gehört.
    Im seinem Todesjahr 1828 komponierte Franz Schubert seine Fantasie op. 103 für Klavier zu vier Händen. Er widmete sie seiner Klavierschülerin – der Comtesse Caroline von Esterhazy, die er im Landschloss Zselitz unterrichtete. Vermutlich verband Schubert weit mehr mit ihr als nur ein Lehrer-Schülerin-Verhältnis. Doch die gesellschaftlichen Schranken machten eine offizielle Beziehung unmöglich. Die ausweglose Situation ist in der Fantasie atmosphärisch zu spüren – insbesondere in der neuen Einspielung von Evgeni Koroliov und Ljupka Hadzigeorgieva. Das Klavieduo kehrt die schmerzhaften Momente nach außen, betont die melancholische Grundstimmung des Werks. Nicht umsonst schrieb es Schubert in der Tonart f-moll, die der Musikästhetiker Christian Schubart, auch Textdichter von Schuberts berühmten Lied „Die Forelle“ – deutete als „tiefe Schwermuth, Leichenklage, Jammergeächz und grabverlangende Sehnsucht.“ Koroliov und Hadzigeorgieva interpretieren die f-moll-Fantasie als bitteren Abgesang auf eine unerreichbare Liebe:
    Die starke biografische Deutung des Werks durch Evgeni Koroliov und Ljupka Hadzigeorgieva erscheint schlüssig. Im Vergleich klingen die erst kürzlich erschienenen Live-Aufnahmen der Werke von Evgeny Kissin und James Levine weniger geistig durchdrungen. Kissin und Levine betonen die Spielfreude, nehmen die Tempi wesentlich schneller, nutzen mehr legato und drängen damit die düsteren Aspekte in den Hintergrund. Koroliov und Hadzigeorgieva hingegen sezieren die Stücke, legen die tragischen Details offen. In der Fantasie ebenso wie in der Großen Sonate C-Dur D 812, in der sich Schubert den Weg zur großen Sinfonie bahnte.
    Koroliov und Hadzigeorgieva gehen dem Ideal sachlicher Werktreue nach. Sie spielen puristisch insofern, als sie nichts hinzu interpretieren, sondern nur das ausdeuten, was sich aus dem Notentext und aus Schuberts Lebensgeschichte herleiten lässt. Sie setzen die Töne klar gegeneinander ab und machen nachvollziehbar, wie Schubert seine Sätze aus kleinsten thematischen Substanzen entwickelt – durch ständige motivische Umwandlungen und Ableitungen Tacet – das herausgebende Label der Aufnahmen – ist bekannt für seine audiophilen Produktionen und erfüllt in Sachen und Präsenz und Transparenz alle Erwartungen. Eine CD, die in keiner Schubert-Sammlung fehlen sollte.
    Antje Hinz

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