108 DVD-A / Johann Sebastian Bach. Die Motetten / The Motets
Johann Sebastian Bach
Die Motetten / The Motets
BWV 225-229
Sächsisches Vocalensemble
Matthias Jung
TACET Real Surround Sound
EAN/barcode: 4009850010838
Beschreibung
„Ich finde gewöhnlich solche Chorwerke nicht so interessant, aber in diesem Fall setzte ich mich hin und hörte ganz gut hin. Ich genoss das vertrackte Spiel und die sauber um mich herum platzierten Stimmen und Instrumenten.“ (Audiophile Audition)
4 Bewertungen für 108 DVD-A / Johann Sebastian Bach. Die Motetten / The Motets
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Audiophile Audition –
Im frühen 19. Jahrhundert ging man davon aus, dass Bachs Motetten ausschließlich a-cappella-Werke seien, doch die heutige Musikwissenschaft hat festgestellt, dass Bachs eigene Notizen darauf hinweisen, dass „die gesungenen Parts durch alle Arten von Instrumenten bereichert“ werden sollten. Vier dieser Motetten nutzen ein Ensemble aus neun Instrumenten plus Orgel, und die Motette „Jesu, meine Freude“ setzt Cello, Kontrabass und Orgel ein. Diese Werke waren selbst zu Bachs Zeiten eine veraltete Form und bieten gleichsam ein Fenster in die Polyphonie vergangener Jahrhunderte.
Bei den vier Motetten mit Instrumentalbegleitung sind die Instrumente direkt vorne platziert, die Orgel im Mittelkanal. Der Chor besteht aus zwei Quartetten (Sopran/Alt/Tenor/Bass) – eines in einer Reihe links, das andere rechts – wobei die Soprane ganz hinten und die Bässe nahe den Streichern auf der linken bzw. den Blasinstrumenten auf der rechten Seite positioniert sind. Diese ungewöhnliche Anordnung zieht den Hörer deutlich effektiver in den Bann als die meist frontale Beschallung. Normalerweise liegen mir solche Chorwerke nicht besonders, doch hier habe ich mich hingesetzt und ganz genau zugehört – und den fein verwobenen Dialog von Stimmen und Instrumenten genossen, die so klar im Raum um mich herum verteilt waren.
John Sunier
klassik.com –
(…) Die CD bzw. DVD vereinigt neueste Aufnahmetechnik und das Können eines herausragenden Ensembles auf höchstem Niveau und wird daher besonders die Audiophilen unter den Freunden der Chormusik glücklich machen. Kurz: Eine Aufnahme, die das Zeug zum Klassiker hat.
–> Original-Rezension
Fono Forum –
Klang mit neuen Perspektiven
Das Klassik-Label Tacet endeckt via Audio-DVD neue Klangperspektiven für Zuhörer und Musikproduzenten. In einer Sondervorführung zeigte Tonmeister und Label-Chef Andreas Spreer der Fono Forum-Redaktion, welche kreativen Möglichkeiten die Mehrkanal-Technik bietet.
Manch einer wird sagen: Wurde auch Zeit, dass sich seriöse Musikproduzenten mit der ästhetischen Neuordnung für Mehrkanalaufnahmen auseinandersetzen! Die meist berechtigte Skespsis bezüglich der oft als überflüssig oder sogar unsinnig empfundenen Rundum-Klänge ist unter audiophilen Musikfans weit verbreitet. MDG-Produzent Werner Dabringhaus erklärt beispielsweise herkömmliche 5.1-Lautsprecher-Setups mit Center-Lautsprecher und Subwoofer als untauglich und arbeitet mit dem von ihm eingeführten 2+2+2-System an einer dreidimensionalen akustischen Raumerfassung. Toningenieur und Tacet-Chef Andreas Spreer sieht das anders und hatte auf der diesjährigen Highend neue Mehrkanal-DVDs im Gepäck, die die Vorbehalte gegenüber dem Standard-Surround-Set entkräften sollten. In einer Sondervorführung für Fono Forum konnten wir uns von den Klangauffassungen des Klassik-Produzenten überzeugen.
„Wir arbeiten ganz nah an der Partitur und verteilen das Orchester und die Solisten sehr behutsam um den Zuhörer herum. So enstehen neue Perspektiven und sicher auch eine neue Klangästhetik“, erklärt Spreer. Was im Theater schon gang und gäbe ist, dass nämlich die Bühne auf den Publikumsraum erweitert wird, fasziniert auch Stuttgarter Tonmeister. „Wir brauchen jetzt so genannte Klangregisseure, die mit solchen Herausforderungen künstlerisch umgehen. Mehrkanal kommt ohnehin. Wenn wir jetzt keine Wege entwickeln, diese Technik sinnvoll zu nutzen, überlassen wir das Feld voll und ganz den Effekthaschern. Das wäre doch schade.“ Was und wer damit gemeint ist, soll jeder selbst entscheiden. Notwendig sei daher eine neue Studio-Profession. Laut Spreer soll der „Klangregisseur“ wie sein Pendant im Theater seine persönliche, moderne Auffassung durchaus interpretatorisch einbringen. „Nur wenn die Partitur es zulässt und der Regisseur das künstlerische Feingefühl aufbringt, eine interessante akustische Perspektive zu erarbeiten, machen Mehrkanalaufnahmen Sinn“, fügt Spreer hinzu, „für ein Kammermusik-Stück sieht das natürlich ganz anders aus als für eine Sinfonie oder ein Solowerk.“
Was er damit meint, demonstrierte er anhand neuerer Tacet-Produktionen. Recht zurückhaltend noch bei den Bach-Motetten, wo man zwischen den beiden Chören sitzt, also dort, wo Dirigent Matthias Jung während der Aufnahme stand. Sehr phantasievoll und zum Teil aus der Struktur der Komposition begründet bei Mendelssohns und Schuberts Kammermusik, wo man sich, wie weiland in Zeiten der experimentellen Quadrophonie, mitten im Kreis der Ausführenden befindet. Gänzlich irrealistisch dann bei Schuberts Impromptus , die vorwiegend von hinten ertönen. Dazu die Anweisung: „Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit dem Auto und hören diese Musik im Rücken.“ Unvertretbarer Eingriff oder Perspektivenspiel? „Das mag der Zuhörer selbst entscheiden. Unsere Aufgabe ist es, mit neuen Technologien, die vielen Konsumenten bereits zur Verfügung stehen, auch neue Hörräume zu kreieren. Wir sind erst am Anfang.
Udo Pipper
Classics Today –
Diese Aufnahme der Bach-Motetten, eingespielt vom Sächsischen Vocalensemble, bietet alles, was der jüngsten Einspielung des Sarum Consort auf ASV (Suche nach Q3347) fehlt: Temperament, ungewöhnlich ausdrucksstarke, textbezogene Gestaltungsmittel, herausragende ensembletechnische Präzision, eine erhellende Herausarbeitung innerer Stimmen und eine Gesamtatmosphäre, die den Eindruck eines besonderen Anlasses vermittelt – man spürt, dass diese Sänger diese Musik verstehen und lieben. Es sind kompromisslos mitreißende Interpretationen, die zeigen, wie faszinierend Chormusik sein kann, wenn ein virtuoses Ensemble einige der anspruchsvollsten je für Stimmen geschriebenen Werke angeht. Selbst sehr kritische Hörer könnten einwenden, dass Energielevel und durchgehend zügige Tempi etwas zu überschwänglich geraten sind – aber wo steht geschrieben, dass Bach mit Bleigewichten an den Knöcheln interpretiert werden muss? Selten hört man diese einzigartigen kleinen Meisterwerke mit einer derart ausgewogenen Mischung aus Hingabe und Eleganz dargeboten.
Die selten aufgeführte Motette „Fürchte dich nicht, ich bin bei dir“ (BWV 228) ist ein klassisches Beispiel dafür, wie ein erstklassiger Chor ein Werk von gleichermaßen seltener Schwierigkeit angeht – ohne dass die Energie nachlässt oder die unerbittlich vorwärtsdrängenden, brodelnden Linien an Schwung verlieren. Zwar fehlen im Booklet die Texte – ein Unding bei einer Vokalaufnahme –, doch man könnte durchaus argumentieren, dass die artikulatorische Klarheit der Sänger so überzeugend ist, dass gedruckte Texte überflüssig erscheinen. Die Begleitung durch ein kleines Streicherensemble, zwei Oboen, eine Taille (eine von Bach oft eingesetzte Tenoroboe), Barockfagott und Orgel ist geschmackvoll, angemessen und ideal – unterstützend, ohne aufdringlich zu wirken.
Ja, eine Sache hat die ASV-Aufnahme – und einige andere – vorzuweisen, die hier fehlt: die Motette BWV 230 „Lobet den Herrn, alle Heiden“, deren Urheberschaft und Einordnung als Motette umstritten ist. Das ist schade, denn diese Sänger hätten diesem hochspannungsgeladenen Werk zweifellos die Spitzen abgenommen. Zusammen mit den anderen fünf Motetten hätte dies eine beindruckende, fast definitive Aufnahme des traditionell anerkannten Zyklus von sechs Motetten ergeben. Kaufen Sie diese Einspielung trotzdem – und ergänzen Sie sie gegebenenfalls durch eine vollständigere Sammlung aus einer der Referenzaufnahmen, die in der früheren ASV-Rezension (Q3347) beschrieben werden. Der Klang dieser Aufnahme (leider wird kein Aufnahmeort genannt) ist vorbildlich.
David Vernier