101 DVD-A / Johann Sebastian Bach: Six Brandenburg Concertos

Johann Sebastian Bach

Six Brandenburg Concertos
BWV 1046-1051
Complete Edition
Stuttgarter Kammerorchester
TACET Real Surround Sound

EAN/barcode: 4009850010135

Beschreibung

“Ein Triumph der Surround-Klangaufnahme (…) Viele Hörer werden sich fragen, ob sie wirklich noch eine Aufnahme der Brandenburgischen Konzerte brauchen. (…). Die Antwort lautet: Ja, für eine Scheibe wie diese findet sich der Platz in jeder Sammlung.“ (Bangkok Post)

8 Bewertungen für 101 DVD-A / Johann Sebastian Bach: Six Brandenburg Concertos

  1. sa-cd.net

    Ich habe gerade ein freudvolles Musizieren auf modernen Instrumenten erlebt – an einem der größten Zyklen orchestraler Werke, die je geschrieben wurden. Die Tempi sind keineswegs langsam (außer vielleicht für jene, die inzwischen zu 100 % an historische Instrumente gewöhnt sind), und auch die Phrasierung ist in keiner Weise romantisch-selbstgefällig. Die Intonation ist ebenfalls von sehr hohem Niveau, und nirgends stieß mein Empfinden auf Störungen durch unsauberes Spiel. Anstelle des Klaviers (wie es manche Aufnahmen auf modernen Instrumenten früher verwendeten) tritt ein geschmackvoll ausbalanciertes Cembalo auf, das sowohl in Nr. 5 als auch im Generalbass an anderer Stelle seine Aufgabe vorbildlich erfüllt. Für die Darbietung an sich gäbe es beinahe Bestnoten, doch wer Period Instruments sucht, wird besser anderswo fündig.

    Der Klang, so schön aufgenommen und ausgewogen (im Sinne von: jedes Instrument ist hörbar), ist hingegen deutlich kontroverser. Da dies als „Real Surround Sound“-Produktion entstand, hat jedes Konzert eine andere Sitzordnung, die mancher (ich nicht) vielleicht als störend empfinden könnte – im Einzelnen:
    1 – Normal (Orchester „vorn“, Raumklang „hinten“)
    2 – Der Hörer sitzt mitten im Ensemble, mit Violine (vorne links), Flöte (vorne rechts), Oboe (hinten links) und Trompete (hinten rechts) im Vordergrund gegenüber dem Orchester
    3 – Die Violinen links, Bratschen vorne, Celli rechts vom Hörer
    4 & 5 – Die drei Solisten jedes Konzerts vorne links, Mitte, vorne rechts, das Orchester dahinter
    6 – Die Solisten direkt vor und hinter dem Hörer, das Orchester zu beiden Seiten aufgeteilt

    Auch wenn dies eine Hörweise ist, die man im Konzert (außer vielleicht als Mitspieler) niemals erleben würde, ist die Wirkung – sobald der erste Überraschungseffekt verflogen ist – überaus erfreulich. Alle Details treten ganz selbstverständlich hervor, und es ist ein großes Vergnügen, sämtliche Sololinien so klar zu vernehmen. Dazu trägt auch das schlanke Streicherensemble des Stuttgarter Kammerorchesters bei – 5, 4, 4, 3, 1 – sowie die bewundernswerte Geschlossenheit des Ensembles, die sich ganz in den Dienst von Bachs grandiosen Schöpfungen stellt.

    Die 2-Kanal-Ebene übernimmt durchgängig die Balance von Nr. 1 (was anders auch kaum möglich wäre) und klingt rundum wunderschön und realistisch.

    Uneingeschränkt empfohlen – es sei denn, man ist ein eingefleischter MCH-Fan und schreckt vor unterschiedlichen Sitzordnungen zurück.
    John Broggio

  2. Bangkok Post realtime

    Ein Triumph der Surround-Aufnahme
    Welche Sorgen auch immer die Klassik-Tonträgerindustrie plagen mögen – auf kleine, kreative Labels können die Hörer offenbar weiterhin zählen, wenn es um erlesene Neuveröffentlichungen geht. Eines dieser Unternehmen, das deutsche Label Tacet, scheint sich sowohl in Bezug auf Interpretation als auch auf Klang auf das Außergewöhnliche spezialisiert zu haben.

    Vor einigen Wochen schrieb ich in dieser Kolumne voller Bewunderung über die Klavierwerke von J. S. Bach, die Valentin Koroliov auf dem Flügel eingespielt hat. Je öfter ich seine Aufnahmen der beiden Bände des Wohltemperierten Klaviers höre, desto mehr verfestigt sich mein Eindruck, dass sie unerreicht sind. Kürzlich erwarb ich mehrere weitere Tacet-Veröffentlichungen, darunter Surround-DVDs mit weiterer Bach-Musik, eine Einspielung der Brandenburgischen Konzerte auf einer einzelnen CD und eine weitere mit den Motetten. Es handelt sich um dieselbe Aufführung (unter der Leitung von Matthias Jung mit dem Sächsischen Vokalensemble), die hier kürzlich in ihrer Stereo-Fassung besprochen wurde. Außerdem habe ich begonnen, Tacets Reihe mit dem Auryn Quartett zu erkunden – dazu später mehr.

    Die Idee, die Brandenburgischen Konzerte in Surround aufzunehmen, erschien mir zunächst zweifelhaft, zumal Tacet diese Produktion offenkundig als Demonstration der Technik angelegt hatte. Für die verschiedenen Konzerte wurden unterschiedliche Mikrofonaufstellungen gewählt: So entsteht im Ersten Konzert eine natürliche Perspektive, indem das gesamte Orchester vor den Hörer gesetzt wird, während die hinteren Lautsprecher für die Raumwirkung sorgen. Im Zweiten Konzert sind die Solovioline vorne links, die Flöte vorne rechts, die Oboe hinten links und die Trompete hinten rechts positioniert, die übrigen Instrumente in der Mitte. Solches „Herumbasteln“ mit Raum und Balance hat in der Vergangenheit schon akustische Monstrositäten hervorgebracht. Alteingesessene Hörer erinnern sich mit Grausen an die Ping-Pong-Effekte früher Stereo-Produktionen oder an die bizarren Verzerrungen der Hörperspektive, die manche Quadrophonie-Aufnahmen der 1970er-Jahre verursachten. Doch beim Hören dieser Brandenburgischen kam mir nie der Gedanke, dass hier etwas Potenziell Interessantes in die falsche Richtung gegangen sei – auch wenn nur eine der sechs Aufnahmen beansprucht, überhaupt noch an ein Konzertsetting zu erinnern.

    Beim Surround-Hören des Ersten Konzerts verspricht das Booklet, man sitze in der schönen Kirche des Dorfes Gönningen und lausche der barocken Akustik. Dort müssten die Bedingungen wahrlich ideal sein, um die Musik mit solcher Klarheit und Wärme zu hören wie auf dieser Aufnahme. Alles ist deutlich und natürlich vernehmbar, zugleich aber so perfekt ausbalanciert und verschmolzen, wie ich es selbst bei guten Mehrkanal-Aufnahmen barocker Musik selten erlebt habe. Angesichts der heutigen Technik frage ich mich, wie man das noch verbessern sollte.

    Der Eindruck, in einem konventionellen Aufführungsraum zu sitzen, verfliegt bei den anderen fünf Konzerten zwar völlig – doch dafür entsteht ein ganz anderes, oft mitreißendes Hörerlebnis: das Umschlossen-Sein von den musizierenden Instrumentalisten. Es mag wie die Spitze der Künstlichkeit erscheinen, wenn im Zweiten Konzert Violine, Flöte, Oboe und Trompete aus vier verschiedenen Richtungen erklingen, doch die Ingenieure haben es so umgesetzt, dass keinerlei Eindruck elektronischen Kunstgriffs entsteht. Die Solisten wirken nicht künstlich hervorgehoben. Vielmehr umhüllt einen die Musik vollständig, und jeder Spieler scheint ganz selbstverständlich in diesem Klanggefüge verortet.

    Die Aufnahmen der Konzerte Nr. 4 und 5 lenken noch stärker den Blick auf Tacets besondere Technik. Hier sind die Solisten vorne und das Orchester hinter dem Hörer platziert. Als im vierten Konzert der dritte Satz begann, war ich zunächst skeptisch: Die ersten beiden Fugeneinsätze kamen direkt von hinten, und der Klangraum öffnete sich erst mit dem Einsatz der Soloflöten und der Violine nach vorne. Doch meine Zweifel schwanden rasch. Die Passage nach dem Violinsolo, in der die Textur so dicht wird, dass die Instrumente zu spielen scheinen, nur um ihre überschäumende Energie und Lebensfreude auszudrücken, wirkt in dieser Detailfülle schlicht atemberaubend. Wiederum entsteht trotz der Aufstellung ein echtes Ensemblemusizieren – die Musik wirkt lebendig und kraftvoll, keineswegs seziert.

    Auch die Aufführungen selbst sind hervorragend. Viele Hörer mögen sich fragen, ob sie wirklich noch eine weitere Aufnahme der Brandenburgischen brauchen – zumal mit Schätzen wie jenen von Pinnock/English Concert, Savall/Le Concert des Nations oder der Akademie für Alte Musik Berlin bereits im Regal. Die Antwort lautet: Ja – für eine CD wie diese ist immer Platz. Das Stuttgarter Kammerorchester hat unter Karl Münchinger viele bedeutende Bach-Aufnahmen eingespielt, darunter eine unvergessliche Kunst der Fuge. Hier präsentiert es sich schlanker, federnder und klarer fokussiert als in den Decca-Jahren. Benjamin Hudson, der diese Darbietungen leitet, bevorzugt schnelle, doch nie gehetzte Tempi. Die Instrumente klingen modern, doch die Texturen besitzen die Transparenz historischer Aufführungen, sodass selbst rasante Sätze mühelos fliegen, ohne gehetzt zu wirken. Das Finale des Dritten Konzerts ist extrem schnell genommen – aber statt überhastet wirkt es einfach unwiderstehlich mitreißend.

    Die Aufnahme des Fünften Konzerts, mit dem Cembalo vorne und dem Orchester hinten, hätte leicht zum Desaster werden können, wenn ein „Super-Cembalo“ (wie in so vielen Einspielungen dieses Werks) hier aufgefahren wäre. Doch das gewählte Instrument klingt zart und fügt sich organisch ins Ensemble ein.

    Ich habe die Disc auf einem Sony-DVD-Player mit einem Yamaha RX-V740 6.1-Surround-System abgespielt – demselben, das ich auch für Filme nutze – und das Ergebnis war schlicht überwältigend.
    Ung-aang Talay

  3. Audiophile Audition

    Ich bin seit rund 50 Jahren ein regelrechter Brandenburg-Junkie. Von meinem ersten Westminster-LP-Set mit Karl Haas und dem London Baroque Ensemble über meine liebste Decca-Aufnahme mit dem English Chamber Orchestra unter Benjamin Britten – meine Brandenburgs habe ich en chambre, al fresco und en passant gehört, im Auto wie zu Fuß. Sie sind ein unverzichtbarer Bestandteil meines gepfiffenen Kernrepertoires – etwa im Dritten Konzert, wo ich wage, hinzugehen, wohin kein Pfeifer je gehen sollte: hinein in jenes Trompetensolo.

    Dieses Tacet-Set erreicht noch einmal ein ganz neues Niveau der Exzellenz! Dank SACD-5-Kanal-Technik bekommt der Hörer für die verschiedenen Konzerte jeweils unterschiedliche Instrumentalanordnungen geboten. Im Ersten Brandenburgischen, mit Hörnern, Bläsern und Streichern, steht das Orchester in „klassischer“ Aufstellung, während die Rückkanäle für die Raumwirkung sorgen. Im Zweiten Konzert sitzt der Hörer mitten im Orchester: die Trompete hinten rechts, die Oboe hinten links, die Flöte vorne rechts, die Violine vorne links, das übrige Orchester ringsum. Die Wirkung ist schlicht mitreißend. Stimmen und Kontrapunkte sind derart durchsichtig, dass man sich vorkommt, als sei man mitten in Bachs Gehirn. Und was für ein Gehirn das ist! Der Einblick, den diese Technik in das Ineinandergreifen von Melodien und Harmonien erlaubt, zählt zu den aufregendsten musikalischen Erfahrungen, die ich je gemacht habe.

    Im Dritten Konzert stehen die Bratschen vorne, die Celli und Violinen rechts bzw. links. Wiederum herrscht bemerkenswerte Klarheit – und Klarheit ist überhaupt das Wesen dieser Aufnahmen. Besonders die Konzerte Nr. 2, 3 und 4 sind in dieser Hinsicht überaus eindrucksvoll. Ich kenne meine Brandenburgs – und bin verblüfft über die Fülle an Information, die sich nur aus diesen Discs erschließt.

    Das Stuttgarter Kammerorchester hat bereits in den 1960ern eine feine Brandenburg-Aufnahme für Decca/London unter Karl Münchinger eingespielt. Sie wurde hochgeschätzt und ist auch heute noch in gut sortierten Läden erhältlich. Doch diese Stuttgarter Aufnahme von 2000 – ohne designierten Dirigenten – ist idiomatischer, anmutiger musiziert, schwungvoller und virtuoser, was die Beiträge der Solisten betrifft. Kombiniert man diese großartigen Interpretationen mit der Möglichkeit, im Surround-Klang buchstäblich in den sechs Brandenburgischen zu sitzen, ergibt das ein Hörerlebnis sondergleichen.

    Mit Begeisterung empfohlen! [Wir haben die DVD-Audio-Version davon vor nicht allzu langer Zeit an gleicher Stelle besprochen. Die Klangqualität ist ähnlich; der Hauptunterschied besteht darin, dass dort alle Konzerte auf eine einzige DVD passen … Anm. d. Red.]
    Ronald Legum

  4. Audiophile Audition

    Die Stuttgarter Interpreten zeigen eine ungemein reizvolle Balance aus authentischer Aufführungspraxis, zügigeren Tempi und einer insgesamt spielerischeren, heitereren Herangehensweise an die Konzerte. Unterstützt werden sie dabei von einem klareren, prägnanteren, hochauflösenderen Klangbild, das den Hörer wirklich mitten ins musizierende Ensemble hineinversetzt. Das Label wirbt mit dem Slogan Real Surround Sound – und es ist wörtlich zu nehmen: Die Surroundkanäle sind hier keineswegs auf dezente Saalakustik beschränkt. Diese Veröffentlichung hat mir eine weit größere Wertschätzung für das DVD-Audio-Format vermittelt, als ich sie zuvor hatte.
    John Sunier

  5. Stereo

    Rundum schön
    Das Klassik-Label TACET bringt die ersten Mehrkanal-DVD-Produktionen auf den Markt
    Wurde auch Zeit, dass sich seriöse Musikproduzenten mit der ästhetischen Neuordnung für Mehrkanalaufnahmen auseinandersetzen. Die meist berechtigte Skepsis bezüglich der oft als überflüssig oder sogar unsinnigempfundenen Rundum-Klänge ist unter audiophilen Musikfans weit verbreitet.
    Ton[meister] und TACET-Chef Andreas Spreer sieht das anders und hatte auf der diesjährigen HighEnd neue Mehrkanal-DVDs im Gepäck, die diese Vorbehalte entkräften sollten. In einer Sondervorführung konnte sich STEREO von der Klangauffassung des Klassikproduzenten überzeugen. ′Wir arbeiten ganz nah an der Partitur und verteilen das Orchester und die Solisten sehr behutsam um den Zuhörer herum. So entstehen neue Perspektiven und sicher auch eine neue Klangästhetik′, erklärt Spreer. ′Wir brauchen jetzt so genannte Klangregisseure, die mit solchen Herausforderungen künstlerisch umgehen. Mehrkanal kommt ohnehin. Wenn wir jetzt keine Wege entwickeln, diese Technik sinnvoll zu nutzen, überlassen wir das Feld voll und ganz den Effekthaschern. Das wäre doch schade.

  6. Stereoplay

    Ortstermin in der für ihre einmalige Akustik berühmten Gemeindekirche zu Gönningen auf der Schwäbischen Alb. Das Klassik-Label Tacet spielt mit dem Stuttgarter Symphonieorchester Bachs „Konzert für zwei Violinen“ ein. Aber nicht wie üblich. Die Musiker sind rund um ein sternförmiges Fünffach-Mikro gruppiert: Eine Instrumentengruppe spielt links vorn, eine andere hinten rechts, eine dritte direkt von vorn.
    Das Ergebnis, wiedergegeben auf der Mehrkanal-Abhöranlage, ist anfangs irritierend: Musik aus allen vier Ecken bin ich als stereophon aufgewachsener Musikliebhaber nicht gewohnt. Aber: So dicht war ich noch nie an (Retorten-)Musik dran, so intensiv hat noch keine Einspielung die Stimmung des Aufnahmeorts eingefangen. Und diese Rundumbeschallung ist auch noch authentisch: Genau so hatte es Johann Sebastian Bach für sein Werk vorgesehen.
    Mehrkanalton hat viele Facetten – nicht umsonst haben wir dieser Technik ein 36 Seiten starkes Spezial gewidmet. Und natürlich hat sie eine so große Anziehungskraft, weil der Träger, die DVD, mit exzellentem Ton und scharfem Bild beeindruckt. Aber sollen wir deshalb das ganze Feld der Zisch-Bumm-Fraktion aus der Filmecke überlassen? Nein. Es wird Zeit dass das Medium Surround auch bei Audiophilen endlich seine Anrüchigkeit verliert. Denn Surround bedeutet ja nicht etwa, altüberlieferte highfidele Kulturwerte aufzugeben, sondern es ist eine Chance: Seriös angewandt, kann man mit dieser Technik Musik viel intensiver als bislang erleben.
    Glücklicherweise formiert sich unter den Tonmeistern eine Gruppe, die den neuen Spielraum offensiv nutzt. Sie arbeiten nicht an einer Alternative zum Bisherigen, sondern an der Vertiefung der alten High-End-Idee von der möglichst perfekten Aufnahme. So sollten wir Surround verstehen. Und so sollten wir es nutzen.“ Holger Biermann

  7. Fono Forum

    Klang mit neuen Perspektiven
    Das Klassik-Label Tacet endeckt via Audio-DVD neue Klangperspektiven für Zuhörer und Musikproduzenten. In einer Sondervorführung zeigte Tonmeister und Label-Chef Andreas Spreer der Fono Forum-Redaktion, welche kreativen Möglichkeiten die Mehrkanal-Technik bietet.
    Manch einer wird sagen: Wurde auch Zeit, dass sich seriöse Musikproduzenten mit der ästhetischen Neuordnung für Mehrkanalaufnahmen auseinandersetzen! Die meist berechtigte Skespsis bezüglich der oft als überflüssig oder sogar unsinnig empfundenen Rundum-Klänge ist unter audiophilen Musikfans weit verbreitet. MDG-Produzent Werner Dabringhaus erklärt beispielsweise herkömmliche 5.1-Lautsprecher-Setups mit Center-Lautsprecher und Subwoofer als untauglich und arbeitet mit dem von ihm eingeführten 2+2+2-System an einer dreidimensionalen akustischen Raumerfassung. Toningenieur und Tacet-Chef Andreas Spreer sieht das anders und hatte auf der diesjährigen Highend neue Mehrkanal-DVDs im Gepäck, die die Vorbehalte gegenüber dem Standard-Surround-Set entkräften sollten. In einer Sondervorführung für Fono Forum konnten wir uns von den Klangauffassungen des Klassik-Produzenten überzeugen.
    „Wir arbeiten ganz nah an der Partitur und verteilen das Orchester und die Solisten sehr behutsam um den Zuhörer herum. So enstehen neue Perspektiven und sicher auch eine neue Klangästhetik“, erklärt Spreer. Was im Theater schon gang und gäbe ist, dass nämlich die Bühne auf den Publikumsraum erweitert wird, fasziniert auch Stuttgarter Tonmeister. „Wir brauchen jetzt so genannte Klangregisseure, die mit solchen Herausforderungen künstlerisch umgehen. Mehrkanal kommt ohnehin. Wenn wir jetzt keine Wege entwickeln, diese Technik sinnvoll zu nutzen, überlassen wir das Feld voll und ganz den Effekthaschern. Das wäre doch schade.“ Was und wer damit gemeint ist, soll jeder selbst entscheiden. Notwendig sei daher eine neue Studio-Profession. Laut Spreer soll der „Klangregisseur“ wie sein Pendant im Theater seine persönliche, moderne Auffassung durchaus interpretatorisch einbringen. „Nur wenn die Partitur es zulässt und der Regisseur das künstlerische Feingefühl aufbringt, eine interessante akustische Perspektive zu erarbeiten, machen Mehrkanalaufnahmen Sinn“, fügt Spreer hinzu, „für ein Kammermusik-Stück sieht das natürlich ganz anders aus als für eine Sinfonie oder ein Solowerk.“
    Was er damit meint, demonstrierte er anhand neuerer Tacet-Produktionen. Recht zurückhaltend noch bei den Bach-Motetten, wo man zwischen den beiden Chören sitzt, also dort, wo Dirigent Matthias Jung während der Aufnahme stand. Sehr phantasievoll und zum Teil aus der Struktur der Komposition begründet bei Mendelssohns und Schuberts Kammermusik, wo man sich, wie weiland in Zeiten der experimentellen Quadrophonie, mitten im Kreis der Ausführenden befindet. Gänzlich irrealistisch dann bei Schuberts Impromptus , die vorwiegend von hinten ertönen. Dazu die Anweisung: „Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit dem Auto und hören diese Musik im Rücken.“ Unvertretbarer Eingriff oder Perspektivenspiel? „Das mag der Zuhörer selbst entscheiden. Unsere Aufgabe ist es, mit neuen Technologien, die vielen Konsumenten bereits zur Verfügung stehen, auch neue Hörräume zu kreieren. Wir sind erst am Anfang.
    Udo Pipper

  8. Audio

    Von Bach kann man wohl nie genug kriegen: Auch die Tacet-Aufnahme der Brandenburgischen Konzerte möchte den großen Bach-Katalog bereichern. Die Novität hier ist der Tonträger: eine DVD-Audio die Im Surround-Format aufgenommen wurde. Fünf besetzungsabhängige Ensemble-Aufstellungen realisierte man, der Zuhörer sitzt inmitten des ausgezeichnet spielenden Stuttgarter Kammerorchesters mit hervorragenden Solisten. Bleibt nur die Frage: Will der Hörer tatsächlich Im Orchester sitzen?
    Michael Rassinger

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