108 CD / Johann Sebastian Bach. Die Motetten / The motets
Beschreibung
„Auch musikalisch darf man sich über eine Interpretation freuen, die mit ihrer optimalen Transparenz, Klangsinnlichkeit und emotional erfüllten Wortintensität zu den Referenzaufnahmen gehört. Hier stören keine Manierismen, rhetorischen Gewolltheiten und stimmlichen Unzulänglichkeiten. Die knapp 30 Sängerinnen und Sänger behalten stets ihre vokale Souveränität, ob das im doppelchörigen Furor von Singet dem Herrn ist oder in der zerbrechlichen Faktur der Füchte dich nicht-Motette. Alles klingt locker, aber nicht belanglos, perfekt im Mischklang ausgelotet und diszipliniert in der Wortausdeutung. Wer diesen Bach-Schatz noch nicht zu seinem Bestand zählt, muß nicht länger auf Suche gehen.“ (klassik heute)
„(…) Elan, ungewöhnlich artikulierte Ausdrucksgesten, die von den Texten entstehen, außergewöhnliche Ensemblepräzision, leuchtendes inneres Detail, sowie eine feierliche Gesamtatmosphäre, die den deutlichen Eindruck vermittelt, dass diese Sänger diese Musik verstehen und lieben. Diese kompromisslos spannenden Einspielungen zeigen wie packend Chormusik wirklich sein kann, wenn ein virtuoses Ensemble Vokalrepertoire interpretiert, das zum anspruchsvollsten, jemals für Stimmen geschriebenen zählt.“ (classics today)
8 Bewertungen für 108 CD / Johann Sebastian Bach. Die Motetten / The motets
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Klassik heute –
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität: 10
Gesamteindruck: 10
Ob der Krise der Klassik-Branche mit rührigen Marketingmaßnahmen wie mehrkanaligen Aufnahmen und neuen Technologiestandards beizukommen ist, darf bezweifelt werden. Auch Tacet bringt die Neuaufnahmen der Bach-Motetten durch das 1996 gegründete Sächsische Vocalensemble nicht nur via CD auf den Markt, sondern auch in Mehrkanaltechnik auf DVD. Doch die CD-Version der ungemein räumlich realisierten Aufnahme tut es allemal. Auch musikalisch darf man sich über eine Interpretation freuen, die mit ihrer optimalen Transparenz, Klangsinnlichkeit und emotional erfüllten Wortintensität zu den Referenzaufnahmen gehört. Hier stören keine Manierismen, rhetorischen Gewolltheiten und stimmlichen Unzulänglichkeiten. Die knapp 30 Sängerinnen und Sänger behalten stets ihre vokale Souveränität, ob das im doppelchörigen Furor von ′Singet dem Herrn′ ist oder in der zerbrechlichen Faktur der ′Fürchte dich nicht′-Motette. Alles klingt locker, aber nicht belanglos, perfekt im Mischklang ausgelotet und diszipliniert in der Wortausdeutung. Wer diesen Bach-Schatz noch nicht zu seinem Bestand zählt, muß nicht länger auf Suche gehen.
Norbert Rüdell
klassik.com –
(…) Die CD bzw. DVD vereinigt neueste Aufnahmetechnik und das Können eines herausragenden Ensembles auf höchstem Niveau und wird daher besonders die Audiophilen unter den Freunden der Chormusik glücklich machen. Kurz: Eine Aufnahme, die das Zeug zum Klassiker hat.
–> Original-Rezension
Rondo. Das Klassik & Jazz Magazin –
…Matthias Jung hat ein nahezu ideales Profi-Ensemble zur Verfügung: junge, flexible und ausbalancierte Stimmen, die technisch keine Probleme kennen und die auch im größten Durcheinander der Bachschen Polyfonie, etwa im rauschhaften achtstimmigen „Singet“-Jubel BWV 225, eine frappierende Durchsichtigkeit bewahren – man kann in diesem Sechzehntel-Taumel, in dem Bach beide Chöre auf denkbar abwechslungsreiche Weise alterniert und kombiniert, wirklich jede Einzelstimme verfolgen, zumal die Artikulation ausgefeilter nicht sein könnte. Das liegt sicher auch an der fabelhaften Aufnahmetechnik der Tacet-Experten…
Fono Forum –
Mozart wollte „ein ganzes Orchestre“ zu den Singstimmen einer der Bachschen Motetten hinzufügen. Inzwischen ist die Praxis der Aufführung mit colla parte gesetzten Instrumenten die Regel. Auch Matthias Jung lässt sein Sächsisches Vocalensemble nicht a capella singen. Dabei schert er die Stücke nicht über einen Kamm, Lediglich auf den Continuo mag er nicht verzichten; ansonsten aber verfährt er recht frei und abwechslungsreich. Dies betrifft nicht nur den Einbezug von Instrumenten, sondern auch die vokale Besetzungsstärke. Der Chor erinnert in seiner Flexibilität und Agilität ein wenig an den Balthasar-Neumann-Chor. Hinsichtlich Textdeutlichkeit und Affektumsetzung erweist er sich als ein Spitzenensemble.
R. E.
Dresdner Neueste Nachrichten –
Matthias Jung und Sächsisches Vocalensemble: Preisverdächtig!
Zum achten Mal werden am Sonntag die „Cannes Classical Awards“ vergeben. Die Verleihung dieses renommierten Schallplattenpreises findet in Cannes auf der Midem statt, der größten internationalen Musikmesse. Weit über einhundert Musikjoumalisten und die Chefredakteure von Klassik-Fachzeitschriften aus diesmal sechs Ländern haben aus der nahezu unüberschaubaren Zahl der Klassik-CD-Aufnahmen die wichtigsten und besten ausgewählt und in 20 Kategorien nominiert. Darunter sind auch der Dresdner Dirigent Matthias Jung und das Sächsische Vokalensemble, die in der Kategorie Chorwerke 17./18. Jahrhundert mit ihrer bei Tacet (108) erschienenen Einspielung der Bach-Motetten gegen niemand Geringeren als Nikolaus Harnoncourt (Matthäus-Passion, Teldec 8573 81036-2) und Frieder Bernius (Zelenka, Missa Dei Patris, Carus 83.209) antreten.
Die Chance, dass diese höchst gelungene Motetten-Aufnahme sogar die Siegerpalme erringt, ist außerordentlich groß. Matthias Jung fliegt jedenfalls am Wochenende in den südfranzösischen Badeort. Er und seine Sängerinnen und Sänger und nicht zuletzt auch der Tonmeister und „Tacet“-Chef Andreas Spreer hätten sich diese Auszeichnung redlich verdient. Tatsächlich orientiert sich der „Cannes Classical Award“, im Gegensatz zu manch anderem Schallplattenpreis, an interpretatorischen Höchstleistungen und nicht daran, ob die Künstler von einem der großen Tonträgerkonzerne ins Rennen geschicktwerden oder wie im Falle von „Tacet“ nur bei einer sehr kleinen, dafür aber sehr feinen Firma unter Vertrag stehen.
Zweifelsfrei ist Matthias Jung mit dem Sächsischen Vocalensemble eine Referenzaufnahme gelungen, die neben den hochgelobten Einspielungen von Rene Jacobs und John Eliot Gardiner bestehen kann und andere Aufnahmen dieses Gipfelpunktes Bach′schen Chorschaffens weit hinter sich lässt. Die Jung-Aufnahme ist neben der hohen interpretatorischen Qualität (die in den DNNbereits gewürdigt wurde) klangtechnisch die einzige CD, die im 21. Jahrhundert angelangt ist – auf DVD ist sie im „Tacet Real Surround Sound“ zu genießen.
G. Blumenstein
Classics Today –
Diese Aufnahme der Bach-Motetten, eingespielt vom Sächsischen Vocalensemble, bietet alles, was der jüngsten Einspielung des Sarum Consort auf ASV (Suche nach Q3347) fehlt: Temperament, ungewöhnlich ausdrucksstarke, textbezogene Gestaltungsmittel, herausragende ensembletechnische Präzision, eine erhellende Herausarbeitung innerer Stimmen und eine Gesamtatmosphäre, die den Eindruck eines besonderen Anlasses vermittelt – man spürt, dass diese Sänger diese Musik verstehen und lieben. Es sind kompromisslos mitreißende Interpretationen, die zeigen, wie faszinierend Chormusik sein kann, wenn ein virtuoses Ensemble einige der anspruchsvollsten je für Stimmen geschriebenen Werke angeht. Selbst sehr kritische Hörer könnten einwenden, dass Energielevel und durchgehend zügige Tempi etwas zu überschwänglich geraten sind – aber wo steht geschrieben, dass Bach mit Bleigewichten an den Knöcheln interpretiert werden muss? Selten hört man diese einzigartigen kleinen Meisterwerke mit einer derart ausgewogenen Mischung aus Hingabe und Eleganz dargeboten.
Die selten aufgeführte Motette „Fürchte dich nicht, ich bin bei dir“ (BWV 228) ist ein klassisches Beispiel dafür, wie ein erstklassiger Chor ein Werk von gleichermaßen seltener Schwierigkeit angeht – ohne dass die Energie nachlässt oder die unerbittlich vorwärtsdrängenden, brodelnden Linien an Schwung verlieren. Zwar fehlen im Booklet die Texte – ein Unding bei einer Vokalaufnahme –, doch man könnte durchaus argumentieren, dass die artikulatorische Klarheit der Sänger so überzeugend ist, dass gedruckte Texte überflüssig erscheinen. Die Begleitung durch ein kleines Streicherensemble, zwei Oboen, eine Taille (eine von Bach oft eingesetzte Tenoroboe), Barockfagott und Orgel ist geschmackvoll, angemessen und ideal – unterstützend, ohne aufdringlich zu wirken.
Ja, eine Sache hat die ASV-Aufnahme – und einige andere – vorzuweisen, die hier fehlt: die Motette BWV 230 „Lobet den Herrn, alle Heiden“, deren Urheberschaft und Einordnung als Motette umstritten ist. Das ist schade, denn diese Sänger hätten diesem hochspannungsgeladenen Werk zweifellos die Spitzen abgenommen. Zusammen mit den anderen fünf Motetten hätte dies eine beindruckende, fast definitive Aufnahme des traditionell anerkannten Zyklus von sechs Motetten ergeben. Kaufen Sie diese Einspielung trotzdem – und ergänzen Sie sie gegebenenfalls durch eine vollständigere Sammlung aus einer der Referenzaufnahmen, die in der früheren ASV-Rezension (Q3347) beschrieben werden. Der Klang dieser Aufnahme (leider wird kein Aufnahmeort genannt) ist vorbildlich.
David Vernier
Classica –
Die Interpretationen des Sächsischen Vocalensembles unter Matthias Jung zeichnen sich durch große Lebendigkeit aus, die vor allem auf zügigen Tempi beruht, welche die polyphone Dramatik der Musik zur Geltung bringen. Dank einer makellosen Führung des musikalischen Diskurses passen die Spritzigkeit und das Feuer des Chors perfekt zu den Motetten – etwa das BWV 225, das hier als vollkommene gelungene Wiedergabe glänzt.
Stéphan Vincent-Lancrin
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französischer Originaltext:
…les interprétations du Sächsisches Vocalensemble dirigé par Matthias Jung se caractérisent par une grande vitalité, qui repose en grande partie sur des tempos assez animés, qui rendent la polyphonie théâtrale… …Grace à une conduite irréprochable du discours musical, la volubilité et le brio du choeur conviennent parfaitement aux Motets, le BWV 225 étant par exemple une réussite totale…
Stéphan Vincent-Lancrin
Deutsche Welle, CD-Tipp –
Eine preisverdächtige Einspielung
Diese Bach-CD hätte ich Ihnen auch vorgestellt ohne den aktuellen Bezug der jetzt Zu Ende gehenden Bachfeste in Leipzig und Eisenach. Viel Bach gab es ja noch im letzten Jahr zum 250. Todestag des Thomaskantors, manches davon hat man im Ohr, – auch das weniger Gelungene, denn längst nicht alles, was an historischer Stätte, der Leipziger Thomaskirche, zum Besten gegeben wurde, gehört auch dazu. Mit Sicherheit zum Besten was ich in letzter Zeit in Sachen Johann Sebastian Bach gehört habe, zählt diese CD mit dem erst 1996 gegründeten ′Sächsischen Vokalensemble′ unter der Leitung von Matthias Jung…
′Singet dem Herrn ein neues Lied′ – eine von insgesamt 5 Kantaten, aufgelistet im Bachwerke-Verzeichnis mit den Nummern 225-229. Jede der Kantaten so frisch und wie neu wirkend, daß man gar nicht an die lange Aufführungstradition denken will, die gerade die Motetten Bachs aufweisen und bei so manchen Chören wie eine Erblast zu wirken und ihnen viel von ihrem spontanen Ausdruck zu rauben scheint. Gewiß liegt es aber auch an den nicht geringen stimmlichen Anforderungen, die Bachs Kantatenwerk an einen Chor stellt. Das Sächsische Vokalensemble scheint mit allen musikalischen und technischen Anforderungen spielend leicht fertig zu werden: federleicht und mit genau sitzenden Spitzentönen, das atmet, das fließt, und alles ist so sauber intoniert, so sicher im Ansatz, so klar im polyphonen Wechselspiel, daß man an Musikinstrumente denken mag, nicht aber an Singstimmen…
Gerade auch in den kontrapunktisch subtil durchgestalteten Passagen, die manchem Chor schon zur ′Durststrecke′ wurde, die es nur durchzuhalten gilt, auch in solchen Passagen gehen dem sächsischen Vokalensemble die Reserven nie aus: es gibt keinen Leerlauf; immer ist Spannung und Freiheit in der musikalischen Gestaltung zu spüren…
Alles in allem also: eine höchst empfehlenswerte Einspielung: Bachs Motetten BWV 225-229 mit dem Sächsischen Vokalensemble unter der Leitung von Matthias Jung, erschienen beim label TACET unter der Nummer 108.