256 CD / The Koroliov Series Vol. XXI. Johannes Brahms

The Koroliov Series Vol. XXI

Johannes Brahms

Complete Intermezzi
Evgeni Koroliov, piano

EAN/barcode: 4009850025603

Klassik heute zehnDiapason 4Musica 5 stelle ICMA Nomination 2020

Beschreibung

Eine weitere Aufnahme von Evgeni Koroliov für TACET ist da, bereits die 21.! – Was ich an Koroliovs Spiel besonders liebe: Seine Fähigkeit, unter einem Schleier von Sachlichkeit, Texttreue und Bescheidenheit Details mit einer solchen Empfindsamkeit und Ausdrucksstärke herauszuarbeiten, dass ich glaube, das Werk in dieser Intensität zum ersten Mal zu hören. Die 19 Intermezzi von Johannes Brahms bieten dazu reichlich Gelegenheit.

6 Bewertungen für 256 CD / The Koroliov Series Vol. XXI. Johannes Brahms

  1. Musicweb International

    –> Original-Rezension

    Wie Sie der Überschrift entnehmen können, handelt es sich um Band 21 der umfangreichen Evgeni Koroliov-Reihe von Tacet, die die Musik verschiedener Komponisten umfasst, darunter JS Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Chopin, Tschaikowsky, Debussy, Strawinsky und Prokofiev. Vor allem seine Bach-Interpretationen, sowohl in dieser Reihe als auch bei Live-Aufführungen, wurden von der Kritik im Allgemeinen äußerst positiv aufgenommen. Der 1949 in Moskau geborene und in Hamburg lebende Evgeni Koroliov ist in Europa besser bekannt als in Amerika, doch viele Konzertbesucher in aller Welt kennen seine hervorragende Arbeit noch nicht. Hier, in der Musik von Brahms, stellt er einmal mehr seine beträchtlichen Fähigkeiten und Einsichten am Klavier unter Beweis.

    Um Ihnen eine Vorstellung von Koroliovs Stil zu vermitteln, ist eine besonders ruhige und bedächtige Herangehensweise an diese Musik zu bemerken, was bei Werken mit meist ruhigem und gedämpftem Charakter und mit Ausnahme einiger weniger langsamerer Tempobezeichnungen nicht unerwartet ist. Koroliov könnte mit dem etwas gemächlichen Emanuel Ax (Sony Classical) verglichen werden, der sieben der neunzehn Intermezzos aufgenommen hat. Aber ein noch besseres Beispiel wäre Timothy Ehlen (Azica), ein wenig bekannter Pianist, der vierzehn von ihnen aufgenommen hat. Ich habe seine CD im Jahr 2018 hier sehr positiv besprochen. Auch er spielt mit Tempi auf der expansiven Seite und entscheidet sich dafür, die ruhigeren und tiefgründigeren Aspekte der Musik hervorzuheben. Ich kann weiter sagen, dass Koroliov als das Gegenteil des viel zügigeren Stephen Kovacevich (Philips) angesehen werden kann, der in seiner Auswahl von zehn der Intermezzos ein hervorragendes Argument für seinen treibenderen Ansatz liefert.

    Ich habe Brahms‘ Tendenz zum Heiteren und Tiefgründigen in dieser Musik mehr als angedeutet, aber ich muss auch darauf hinweisen, dass es in einigen dieser Stücke oft eine dunkle oder störende Unterströmung gibt. Die Nr. 3 von op. 10, die im Katalog des Komponisten als dritte der vier frühen Balladen zu finden ist, zeigt in ihrem Anfang einen aufgewühlten, etwas turbulenten Charakter, obwohl sie sich schließlich in ein ruhigeres Gebaren einpendelt. Es hat mich ein wenig überrascht, dass Koroliov in den ersten Momenten eine Verbindung zwischen Brahms und Liszt herzustellen scheint, denn die ersten Takte werden so gespielt, als ob Brahms sich des Beginns der h-Moll-Sonate von Liszt aus dem Jahr 1853 nur allzu bewusst ist, einem damals sehr neuen Stück, das Brahms vielleicht noch nicht gehört hatte: Es war Robert Schumann, Brahms‘ engem Freund, gewidmet, und eine Kopie der Sonate befand sich im Mai 1854, demselben Jahr, in dem Brahms dieses Stück schrieb, in Schumanns Haus. Auf jeden Fall gefällt mir Koroliovs Umgang mit diesem Stück sehr gut, da er seinen aufgewühlten Charakter auf subtile Weise in einen ruhigeren, gelasseneren verwandelt. Das Intermezzo op. 76, Nr. 3 beginnt spielerisch, und Koroliov verleiht ihm einen Charme und eine fast kindliche Unschuld, die die Musik sehr ansprechend machen. Aus demselben Satz bringt Koroliov die Wärme des lyrischen Intermezzos Nr. 6 schön zur Geltung, obwohl ich finde, dass er im anschließenden Intermezzo Moderato semplice ein wenig zu langsam ist.

    Das Intermezzo in a-Moll, op. 116, Nr. 2, ist in seinem Tempo fast statisch, doch Koroliov verleiht der Musik durch den geschickten Einsatz des Pedals eine hypnotische Qualität: Noten verweilen inmitten der klar gearbeiteten Linien, während die Musik das Ohr sanft umschmeichelt. In den folgenden Intermezzi in E-Dur (Adagio), e-Moll (Andante) und E-Dur (Andantino teneramente) spielt Koroliov die gedämpften Aspekte heraus. Doch bei aller Schönheit und Klarheit könnten die Werke mit einem weniger expansiven Tempo noch effektiver klingen. Dennoch sind es großartige Aufführungen.

    Alle drei Intermezzi in der Reihe Op. 117 kommen in ihrer Klarheit und allgemeinen Phrasierung mit der gleichen Sorgfalt daher. Es sind also gute, vielleicht sogar ausgezeichnete Darbietungen, aber ich wünschte mir ein wenig mehr Tempo, trotz des durchweg schönen Spiels, besonders im Mittelteil des dritten Intermezzos (cis-Moll).

    In den Intermezzos von Op. 118 spielt Koroliov die Musik wieder einmal mit exquisiter Aufmerksamkeit für Details, Dynamik, Pedalierung und praktisch alle anderen Facetten der Phrasierung. Es ist schwer, an einer einzelnen Darbietung etwas auszusetzen, wenn man seine allgemein langsameren Tempi akzeptiert. Nr. 1 in a-Moll ist zwar schön gespielt, aber weniger stürmisch als in den meisten anderen Aufführungen. Dennoch hat es immer noch genug Energie und Schwung, um das Gefühl der Aufregung zu vermitteln. Das darauf folgende A-Dur, eines der ergreifendsten Intermezzos von Brahms, spielt Koroliov warm und wunderschön. Nr. 6, das vierte der Intermezzos in diesem Satz, steht in der eher seltenen Tonart es-Moll, die ich immer mit dunklerer Musik verbinde – und dunkel ist sie hier in der Tat, trotz ihres meist ruhigen Auftretens. Koroliov bringt die beunruhigende Musik überzeugend rüber, findet aber im Mittelteil zu Recht lichte Momente. Die letzten drei Intermezzos aus Op. 119 sind alle gut gespielt, wobei die herausragende Leistung die stürmische Nr. 2 in e-Moll ist.

    Die Klangwiedergabe auf dieser Tacet-CD ist ausgezeichnet. Ich habe bereits drei andere konkurrierende Versionen dieser Stücke erwähnt – und sie sind alle auf ihre eigene Weise gut -, aber Vergleiche sind problematisch, weil diese und die meisten anderen Aufnahmen der Intermezzos, denen man begegnet, Ausschnitte aus den neunzehn mit anderen Brahms-Stücken gekoppelt sind. Die verstorbene Luba Edlina hat jedoch alle Intermezzos auf einer einzigen Chandos-CD, und sie ist ziemlich überzeugend, und ihre eher zentrierten Tempi unterscheiden sie deutlich von Koroliov. Natürlich haben auch andere Pianisten wie Idil Biret von Naxos die Intermezzos auf großen Multi-Disc-Sets im Rahmen ihrer Übersicht über das gesamte Soloklavierwerk von Brahms eingespielt.

    Es geht um Folgendes: Dieses Doppel-CD-Set enthält einundachtzigeinhalb Minuten Musik, die auf eine einzige CD passen würden. Ich habe mehrere CDs, die mehr enthalten: Ich habe hier eine 82:33-CD der Neunten Symphonie von Mahler von Oehms Classics besprochen, um nur ein Beispiel zu nennen. Obwohl Tacet einen Preisnachlass anbietet, ist dieser nicht groß genug, um mit der Chandos-CD von Luba Edlina bei den von mir geprüften Internet-Händlern zu konkurrieren. Der Preis wird also für einige Leser ein Thema sein. Wenn das für Sie keine Rolle spielt, muss ich sagen, dass Koroliovs Darbietungen höchst individuell und äußerst hörenswert sind.

    Robert Cummings

  2. Pizzicato

    –> zur Originalkritik

    Mit dieser Doppelscheibe liegt schon der 21. Teil der Koroliov Serie bei Tacet vor, die die Kunst des 70-jährigen russischen und seit nunmehr 40 Jahren in Hamburg lebenden Pianisten Evgeni Koroliov vorstellt. Brahms hat für sein Instrument, das Klavier, auch 19 Intermezzi komponiert. Während sich die frühen Kompositionen in ihrem Charakter als Intermezzi, also Zwischenspiele, aus dem Zusammenhang mit den anderen Stücken des jeweiligen Zyklus erschließen, haben die späten Beiträge zur Gattung eine eigenständige Erzählweise aus sich heraus.

    Die Spielweise von Koroliov ist aufs Detail ausgerichtet, was ein wenig spröde wirken könnte, würde es Koroliov nicht gelingen, immer den Wesensgehalt der Musik zu erspüren und mit seinem sehr persönlichen Stil zur Geltung zu bringen. Er gibt der Musik die Zeit, die sie benötigt, sich frei zu entwickeln. Damit entwickelt er gelassen ausgelotete Klangräume, die hier insbesondere bei den früheren Intermezzi erfordern, dass man sich dem Gehörten widmet, um die Feinheiten zu genießen. Die zweite CD mit den späten, letzten reinen Klavierkompositionen aus Brahms Feder zeigen eine größere Beweglichkeit und bieten einen unmittelbareren Hörzugang, so dass diese zweite kürzere CD, andere Label hätten die Spielzeit auf einer CD vereint, den Hörer direkter anspricht.

    Wie immer bei Tacet prickelt die Aufnahme mit technischer Makellosigkeit, die trotzdem lebendig wirkt.
    Uwe Krusch

  3. concerti

    –> zur Originalkritik

    Geistige Durchdringung und Imaginationskraft: Evgeni Koroliov beweist seine Klasse mit der Einspielung aller Brahms-Intermezzi.

    Brahms’ Intermezzi gelten als heikel. Der lyrisch-intime Grundton der meisten dieser Stücke verträgt kein vorlautes Herausstellen von Emotionen, andererseits dürfen die Miniaturen, von denen manche kaum länger als zwei Minuten sind, auch keinesfalls nüchtern-unterkühlt gespielt werden. Ausdruck lässt sich durch subtiles Herausarbeiten des poetischen Gehalts gewinnen, wobei eine perfekte klangliche Kontrolle auch im Pianissimo die pianistische Grundvoraussetzung ist. Viele Tastenlöwen lassen deshalb lieber die Finger davon, während Evgeni Koroliov als idealer Interpret für diese empfindliche Musik gelten kann. Der stille Russe, dessen Einspielungen von J. S. Bachs Klaviermusik Maßstäbe gesetzt haben, gehört – von vielen immer noch unbemerkt – seit Jahrzehnten zu den besten Pianisten und zeigt auch in dieser Aufnahme sämtlicher Brahms-Intermezzi seine Klasse. Wer Klavierspiel zu schätzen weiß, bei dem sich geistige Durchdringung und Imaginationskraft vereinen, dürfte mit diesem Doppel-Album, das auch klangtechnisch von höchster Qualität ist, viel Freude haben.

    Frank Armbruster

  4. Klassik heute

    –> zur Original-Kritik

    Johannes Brahms hat seine letzten Werke für Klavier lapidar „Klavierstücke“ genannt, davon sehr viele als „Intermezzo“ bezeichnet. Allerdings sind diese „Intermezzi“ nichts weniger als bloße „Zwischenspiele“, wie der Wortlaut nahelegt, sondern „Zwischenspiele an sich“, ohne Bezug zu Vor- oder Nachspielen. Sie sind pianistische Selbstvergewisserungen, intimes Sprechen in die Stille, Aussprechen von nicht mehr Sagbarem, Klaviermonologe, wie Eduard Hanslick sie nennt, Träumereien, aber vor allem auch kunstvoll gearbeitete Kompositionen, die einen musikalischen Gedanken immer wieder und bis ins letztmögliche ausformulieren, variieren und formal ausschöpfen. Insofern weisen sie in die Zukunft – bis hin zu den „Musik an sich“ gestaltenden Klavierstücken von Anton von Webern und Arnold Schönberg.

    Der in Hamburg lehrende und lebende Pianist Evgeni Koroliov hat auf dieser Doppel-CD alle Intermezzi von Brahms versammelt, sie damit zwar aus den Bezugsrahmen der jeweiligen Opera herausgerissen, dafür aber neue Bezüge geschaffen, indem man diese Form des Intermezzos direkter verfolgen kann. Und man staunt über Brahms’ unermüdliche Formen- und Klangvielfalt, die sich hier entfaltet.

    Vor allem aber staunt man über Koroliovs gestalterische Kraft, sein so bewusstes wie frisches Spiel, seine unerhörte Konzentration und den preziösen Klang des Steinways. Tief versenkt er sich in die Traumverlorenheit dieser Klavierstücke, versinkt aber nicht darin. Mit hellklarem Bewusstsein spürt er den Strukturen der Musik nach, spürt sie auf und lässt sie klingen. Dabei ist der Klang lauter, wie gereinigt, nie „schwül“, und wie liebevoll-süß kann er den Steinway geradezu pianistisch streicheln! Trotz der hörbaren Detailverliebtheit bleibt die Musik nicht stehen, geht sie immer voran. Klar bewusst – höchste Lust, möchte man Wagners Tristan paraphrasieren. Das hört man auch am präzis ausgedachten Gebrauch des Pedals.

    Der staunend gehörten Einzelheiten ist kein Ende: Wohlig-satte Akkorde auch im Piano lassen den Klang in Erinnerung versinken im Intermezzo b-Moll op.76 Nr .4, durch genaueste Wiedergabe der Rhythmik zeichnet Koroliov eben das raffinierte Schwanken dieser Rhythmik bis hin zu Auflösung in Klangseufzer nach im Intermezzo A-Dur op. 76 Nr .6, feinste nuancenreichste Anschlagskunst zusammen mit höchster Klarheit schafft inhaltsvollste Poesie im darauffolgenden Intermezzo a-Moll.

    Wunderbar verharrt die Musik wie im meditativen Stillstand, jedoch in diesem Stillstand drängend und verhalten weinend bis hin zur selig schwärmerischen Ekstase im Intermezzo E-Dur op. 116 Nr. 4, alles feinnervig gespielt und klar gezeichnet: ein Klang-Sfumato wie mit dem Silbergriffel gezeichnet: ein produktiver Widerspruch.

    Von höchst intimem Reiz ist das Intermezzo in h-Moll op. 119 Nr. 1, unendlich lyrisch-zart der ins Dur gewandelte Mittelteil des Intermezzo e-Moll op. 119 Nr. 2, herausragend das Intermezzo es-Moll op. 118 Nr. 6: Aus der Schwermut des Beginns mit dem in sich kreisenden abgewandelten „Dies-irae“-Motiv wächst der leidenschaftlich-energische Mittelteil heraus und sinkt dann langsam wieder resigniert zurück in Schwermut: ein „expressiver Höhepunkt in der Gattung des lyrischen Klavierstücks“ urteilt Christoph Martin Schmidt in „Reclams Brahms Musikführer“ und ein expressiver Höhepunkt in der Pianokunst des Evgeni Koroliov.

    Das Label TACET hat dieser Aufnahme wie immer besondere Sorgfalt angedeihen lassen, der Raum der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem ist hervorragend akustisch eingefangen, alles klingt ebenso klar wie tief: eine CD zum immer wieder Anhören, zum Eintauchen und bewussten Nachvollziehen großer Kompositionskunst.

    Rainer W. Janka

  5. Süddeutsche Zeitung

    –> zur Originalkritik

    (…) Es gelingt ihm eine geistige Durchdringung dieser großenteils aphoristischen inneren Monologe, die bei aller Tiefe (…)so spontan klingen, als seien sie ihm im Augenblick des Spiels gerade eingefallen.
    Julia Spinola

  6. Diapason Magazine

    Une integrale ex­haustive des In­termezzi de Brahms, voilà ce que propose Evgeni Koroliov. Elle va de la Ballade n° 3, compo­sée en 1854 (et sous-titrée en effet «intermezzo») jusqu’aux dernières pièces de l’été 1893 (mais grâce à son ut majeur gracioso e giocoso, I’Opus 119 n°3, qui clôt le parcours, n’est pas le plus automnal de tous). Chaque page est traitée dans une même approche esthétique : un jeu précis, clair, parfois très sobre, qui fait tendre ces pièces vers les brefs monologues pour piano qu’affec­tionneront certains compositeurs du XXe siècle, plutôt que vers le ly­risme plus expansif des romantiques allemands. L’ensemble devient très homogène, et gomme les quatre décennies qui séparent les deux intermezzos extrêmes. Le dosage de la pedale, l’équilibre des plans sonores, la sérénité des tempos, l’attention portée aux silences, la subtilité des nuances contribuent au succès d’une interprétation intériorisée, intense et raffinée. La séduction passe également par la so­norité soyeuse et douce de l’instrument, qui évite toute séche­resse. On appréciera en particulier la comptine dépouillée qu’offre l’Opus 117 n° 1, le patinage mystérieux de l’Opus 116 n° 5, la confi­dence poignante de l’Opus 119 n° 2. Koroliov donne à l’auditeur l’impres­sion d’approcher l’éssence même de ces oeuvres, après avoir franchi les couches successives de leur charme immédiat. Et le tout sans la moindre sensation d’austérité.
    Jérôme Bastianelli

    Deutsche Übersetzung:

    Eine umfassende Gesamtaufnahme der Intermezzi von Brahms bietet Evgeni Koroliov. Sie reicht von der 1854 komponierten Ballade Nr. 3 (die tatsächlich den Untertitel „Intermezzo“ trägt) bis zu den letzten Stücken aus dem Sommer 1893 (aber dank seines gracioso e giocoso C-Dur ist das abschließende Opus 119 Nr. 3 nicht das herbstlichste von allen). Jede Seite wird mit demselben ästhetischen Ansatz behandelt: ein präzises, klares, manchmal sehr nüchternes Spiel, das die Stücke eher in Richtung der kurzen Klaviermonologe tendieren lässt, die einige Komponisten des 20. Jahrhunderts bevorzugten, als in Richtung der ausladenden Lyrik der deutschen Romantiker. Das Ganze wird sehr homogen und verwischt die vier Jahrzehnte, die zwischen den beiden extremen Intermezzi liegen. Die Dosierung des Pedals, die Ausgewogenheit der Klangebenen, die Gelassenheit der Tempi, die Aufmerksamkeit für die Stille und die subtilen Nuancen tragen zum Erfolg einer verinnerlichten, intensiven und raffinierten Interpretation bei. Die Verführung erfolgt auch durch den seidigen und weichen Klang des Instruments, der jede Trockenheit vermeidet. Besonders hervorzuheben sind der schlichte Kinderreim in Opus 117 Nr. 1, die geheimnisvolle Schlittschuhlaufe in Opus 116 Nr. 5 und die ergreifende Vertraulichkeit in Opus 119 Nr. 2. Koroliov gibt dem Hörer das Gefühl, sich der Essenz dieser Werke zu nähern, nachdem er die aufeinanderfolgenden Schichten ihres unmittelbaren Charmes durchdrungen hat. Und das alles ohne das geringste Gefühl von Strenge.
    Jérôme Bastianelli

Füge deine Bewertung hinzu