141 CD / Mario Castelnuovo-Tedesco: The Well-Tempered Guitars
Beschreibung
Der hier vorgestellte Zyklus, der natürlich nicht nur im Titel auf das „Wohltemperierte Klavier“ Bachs bezug nimmt, wird von den beiden Schwaben so wohlklingend und virtuos präsentiert, dass man dieses Album ohne weiteres zu den interessantesten Gitarrenduo-Veröffentlichungen der letzten Jahre in der klassischen Musik zählen darf…
10 Bewertungen für 141 CD / Mario Castelnuovo-Tedesco: The Well-Tempered Guitars
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Classics Today –
Mario Castelnuovo-Tedesco bereicherte die Gitarrenmusik des 20. Jahrhunderts mit vielen bedeutenden Werken, darunter zwei groß angelegte Zyklen: die 24 Caprichos de Goya für Sologitarre und die vorliegende Sammlung von 24 Präludien und Fugen für zwei Gitarren. „The Well-Tempered Guitars“ vereint eine breite Palette an Stilen und Formen – von barocken Tänzen und halb-tragischen Reflexionen im Stil Beethovens/Chopins bis hin zu eckigen, bartókschen Spitzen (etwa in der Fuge es-Moll), schlangenartiger Modalität (Präludium e-Moll) und rapsodischen, jazzigen Balladen (erinnert das Präludium c-Moll vage an „Nature Boy“?).
Die Musik ist meisterhaft komponiert, durchweg idiomatisch und wirkungsvoll für die Instrumente, trägt ihren anspruchsvollen Umfang dabei jedoch ohne jede Prätention. Einzelne Auszüge finden sich zwar häufig auf Programmen von Gitarrenduos, doch selten wird das gesamte Werk aufgeführt. Eine frühere Gesamtaufnahme des Duo Tedesco bei Koch Schwann scheint vergriffen zu sein, sodass das Duo Favori mit seiner Einspielung bei Tacet derzeit allein auf weiter Flur steht.
Die Interpretation der Musiker ist herausragend. Im Präludium e-Moll etwa wechseln sich die legato gespielten Triolen nahtlos zwischen den Instrumenten ab und vermitteln dennoch die vom Komponisten geforderte agitato-Stimmung. Beeindruckend auch, wie die Gitarristen die synkopierten Linien des Präludiums G-Dur – die sich in entgegengesetzte Richtungen winden – mühelos ineinandergreifen lassen, oder wie sie der Fuge D-Dur („Tempo di Giga“) ihren beschwingten Charakter verleihen. Das Präludium f-Moll gestalten sie mit seinen abwechselnden, gedämpften Tremoli und „quasi recitativo“-Passagen bis ins letzte Detail aus und überführen es dann perfekt in die melancholische Begleitfuge. Tacets warme, raumfüllende Aufnahme fängt die beeindruckende dynamische und klangliche Bandbreite des Duo Favori ein, während die ausgezeichneten und begeisterten Liner Notes von Duo-Partner Frank Armbruster nicht besser hätten ausfallen können.
Uneingeschränkt empfehlenswert – und nicht nur für Gitarrenliebhaber!
Jed Distler
Der Schallplattenmann sagt –
Entdeckenswerter Zyklus – meisterlich gespielt
(…)Barbara Gräsle und Frank Armbruster haben als Duo Favori auf der nun wiederveröffentlichten Aufnahme der „Wohltemperierten Gitarren“ eines der interessantesten und gelungensten Spätwerke des Florentiners rundum überzeugend eingespielt. Castelnuovo-Tedescos Klangwelt setzt sich wohltuend von dem allzu oft hispanisierendem Gitarren-Einerlei des 20. Jahrhunderts ab: Der hier vorgestellte Zyklus, der natürlich nicht nur im Titel auf das „Wohltemperierte Klavier“ Bachs bezug nimmt, wird von den beiden Schwaben so wohlklingend und virtuos präsentiert, dass man dieses Album ohne weiteres zu den interessantesten Gitarrenduo-Veröffentlichungen der letzten Jahre in der klassischen Musik zählen darf…
Klassik heute –
Im Gitarren-Repertoire wirkt Mario Castelnuovo-Tedescos Les guitares bien tempérées wie ein erratischer Block. Selten nur wurden die 24 Preludes und Fugen für zwei Gitarren für Platte eingespielt und noch seltener sind sie im Konzertsaal zu hören. Daß Castelnuovo-Tedesco einen solchen monumentalen, insgesamt mehr als zwei Stunden dauernden Zyklus in direkter Anlehnung an Bach überhaupt für Gitarre komponierte, lässt viel von seiner Wertschätzung für dieses Instrument erahnen. Daß sich das Duo Favori der Herausforderung stellte, die 44 Stücke auf einer Doppel-CD zu veröffentlichen, verrät wiederum, daß die beiden Gitarristen Barbara Gräsle und Frank Armbruster sehr viel von Castelnuovos wenig beachtetem Zyklus halten. Stilistisch hört man es der Komposition nicht an, daß sie Anfang der 1960er Jahre entstanden ist. Tedesco hielt von Anfang an Abstand zur kompositorischen Avantgarde und hielt an seiner von mediterranem Flair und Kantabilität geprägten Tonsprache fest. Dennoch (oder gerade deshalb) sind die verwendeten musikalischen Stilmittel ausgesprochen vielfältig. In dieser Musik stecken fast 300 Jahre Musikgeschichte: von der neobarocken Form der Fuge über versteckte Beethoven-Zitate bis hin zu Strawinsky-, Jazz-, Musette- oder Rumba-Anklängen.
Das Duo Favori verwendete für diese Einspielung erstmals die autographen Manuskripte. Inwieweit diese von dem veröffentlichten Notentext abweichen, steht leider nicht in dem ansonsten sehr aufschlussreichen Booklet-Text. Das Duo spielte den Notentext überzeugend und homogen. Die Musikalität und Präzision der Aufnahme lassen erahnen, daß Barbara Gräsle und Frank Armbruster seit beinah 20 Jahren zusammen spielen. Der Klang ist räumlich und angenehm natürlich. Diese Wiederveröffentlichung bietet dem Hörer die besten Bedingungen für die Entdeckung von Castelnuovo-Tedescos beeindruckender Komposition „Die Wohltemperierten Gitarren“.
Frank Gerdes
klassik.com –
Eine Bach-Referenz der besonderen Art
–> Original-Rezension
Ensemble –
Langer Atem
Bereits 1997 als zwei einzelne CDs veröffentlicht, erscheint nun dieser 1962 entstandene, groß angelegte Zyklus als Doppel-CD, was unbedingt sinnvoll ist. Das Duo führt seine Hörer mit sicherer Hand durch das Dickicht der Tonarten und die thematische Arbeit. Motivisches Material wird plastisch herausgearbeitet und sinnvoll im Gesamtzusammenhang präsentiert. Dabei vergessen die Musiker auch nicht, im Klang zu schwelgen oder virtuos zu klotzen, grad wie es die Musik verlangt. Den insgesmt 48 Stücken in einem zu folgen, bedarf zwar eines langen Atems, aber wer sich die Zeit nimmt, wird nicht enttäuscht.
Detlef Bork
KulturSPIEGEL –
Es gab einmal eine Zeit, da konnte das Etikett „volkstümlich“ Komponisten ruinieren. Dem Florentiner Castelnuovo-Tedesco (1895 bis 1968) geschah so besonderes Unrecht, wie diese erstaunliche Doppel-CD beweist. In heiterer Nachfolge Bachs werden durch alle Tonarten die Möglichkeiten des Gitarrenduos erprobt; dabei ergreift der Tanz-Schwung der Präludien oft auch die Fugen. Das Duo Favori präsentiert seine schöne Einspielung mit Eleganz und Esprit.
Audiophile Audition –
Wenn die beiden Präludien und Fugen aus diesem Werk in der Interpretation des Castellani & Andriaccio-Duos Ihren Appetit auf mehr geweckt haben, hier ist das ganze Paket. Das monumentale Werk – in Auftrag gegeben vom Duo Presti und Lagoya – ist offensichtlich eine Hommage an J.S. Bach, sowohl in seiner Struktur aus 24 Präludien und Fugen als auch im Titel. Doch weicht es beträchtlich von Bachs Wohltemperiertem Klavier und Chopins Vorbild, den 24 Préludes Op. 28, ab.
Bach begann mit C-Dur, gefolgt von c-Moll, und durchlief alle Tonarten chromatisch in aufsteigender Reihenfolge. Chopin startete ebenfalls mit C-Dur, wählte dann aber die parallele Moll-Tonart a-Moll usw. Castelnuovo-Tedesco hingegen beginnt in g-Moll und schreitet abwechselnd durch Dur- und Moll-Tonarten in Quintschritten voran. Sein System ergibt erst am Ende vollen Sinn, denn die letzte Fuge mündet triumphierend in ein strahlendes C-Dur.
Die Fülle an musikalischen Stilen und Formen in diesen Stücken ist atemberaubend und bildet einen deutlichen Kontrast zu den Werken Bachs und Chopins. Man hört Anklänge an Beethoven, Stravinsky, Bartóks Streichquartette, sogar Jazz. Der Klang der beiden Gitarren erreicht bisweilen eine orchestrale Dichte und Farbigkeit.
Die Interpretation der Musiker ist meisterhaft – sie bewältigen die technischen Herausforderungen einiger Stücke mit scheinbarer Leichtigkeit. Die Aufnahme entstand unter puristischen Bedingungen: Nur zwei Mikrofone wurden verwendet, eines pro Gitarre.
Absolut höchste Empfehlung!
John Sunier
Kleine Zeitung, Graz –
Wohltemperiert, aber nicht für Klavier, sondern für Gitarren, und nicht von Bach, sondern vom Florentiner mit sephardischen Wurzeln. Das deutsche „Duo Favori“ meistert die 24 fein gewobenen Präludien und Fugen mit Verve.
TSC
Fanfare-Magazin –
Technisch sind die Stücke oft extrem anspruchsvoll – sowohl was die Fingerfertigkeit der linken Hand als auch die absolute Präzision des Zusammenspiels betrifft. In beiden Belangen glänzt das Duo Favori und entlockt den Instrumenten zudem einen außerordentlich ansprechenden Klangcharakter…
(Diese Aufnahme) gehört in jede Sammlung – kein Gitarrenliebhaber sollte sie missen!
David Denton
Neue Musikzeitung –
SONOR UND SUBTIL
Mario Castelnuovo-Tedesco hat seine von Jugend an offenkundige Begabung zum Komponieren nie zu voller Blüte gebracht.“ Diese weitverbreitete Auffassung, die auf eine Konzertkritik Th. W. Adornos zurückgeht, hat eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit Tedescos Werken bislang behindert [das dürfte wohl etwas übertrieben sein; Anm. des nmzmasters]. Von seinen Werken für Gitarre sind bisher vor allem das „Capriccio Diabolico“ op. 85 und die „Tarantella“ op. 87 bekannt. Die Gitarristen Barbara Gräsle und Frank Armbruster haben als „Duo Favori“ die „Wohltemperierten Gitarren“ op. 199 – neben den „Caprichos de Goya“ das zweite große Spätwerk Tedescos für Gitarre – auf zwei CDs eingespielt. Hier treten sie also an, Adornos Diktum zu relativieren.
Das Duo Favori ist das erste Gitarrenduo, das sich für dieses Werk der autographen Manuskripte als Notentextvorlage bedient hat. Durch die sehr gute Aufnahmequalität kommt der sonor-volle – gleichzeitig aber auch subtil-feine – Klang der Instrumente vollständig zum Tragen. Beide Gitarristen verfügen über hohes technisches Können und eine ebenso hochentwickelte Spiel- und Anschlagskultur. Für alle diejenigen, die sich nicht nur für das klangliche Ergebnis der Einspielung, sondern auch für die theoretische Komponente interessieren, erklärt das Booklet, was es mit der tonartlich-konzeptionellen Anlage auf sich hat, die Bezüge auf Bachs berühmtes „Wohltemperiertes Klavier“ und auf Chopins ebenfalls nach Tonarten geordnete „24 Préludes“ aufweist.
Aus einer wunderbaren Klangwelt holen die Duo-Partner den Hörer aber beizeiten unvermittelt wieder zurück, wenn in feingliedrigen Piano-Passagen die Rutschgeräusche der Lagenwechsel störend lauter sind als die feinen Töne. Trotzdem eine hervorragende Einspielung.