122 CD / String Trios: Haydn, Beethoven, Kreisler
Beschreibung
„Laut Titelblatt ist dies die neunte CD des Gaede Trios. Wenn die anderen halb so gut sind wie diese, habe ich da einiges nachzuholen, dachte ich beim Hören. Daniel Gaede, ehemaliger Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und seine Berliner Kollegen kosten die ganze interpretatorische Bandbreite aus, von einem spritzigen Haydn über Beethoven in seiner darmatischsten c-moll-Ader bis hin zum quasi-Kaffeehaus-Kitsch eines Fritz Kreisler. Viel mehr als eine einfache Übertragung des Klavierparts, stellen die Kreisler-Arrangements von Fredo Jung dar: eine komplett durchdachte Komposition für Streichtrio, mit willkommener Klangfülle und unerwarteten Nebenstimmen.“ (crescendo)
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Crescendo –
Laut Titelblatt ist dies die neunte CD des Gaede Trios. Wenn die anderen halb so gut sind wie diese, habe ich da einiges nachzuholen, dachte ich beim Hören. Daniel Gaede, ehemaliger Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und seine Berliner Kollegen kosten die ganze interpretatorische Bandbreite aus, von einem spritzigen Haydn über Beethoven in seiner darmatischsten c-moll-Ader bis hin zum quasi-Kaffeehaus-Kitsch eines Fritz Kreisler. Viel mehr als eine einfache Übertragung des Klavierparts, stellen die Kreisler-Arrangements von Fredo Jung dar: eine komplett durchdachte Komposition für Streichtrio, mit willkommener Klangfülle und unerwarteten Nebenstimmen.
CMS
Ensemble –
Filigran – Feinsinnig
Was ein Divertimento im ureigentlichen (sprich: italienischen) Sinne ist? Eine Unterhaltung und, ja, auch das: eine Vergnügung. Verknüpft man beide Substantive miteinander, ist man gerade dabei, diese Aufnahme anzuhören. Drei Herren unterhalten sich da auf das Vergnüglichste, und der Herr Joseph Haydn von Esterhazys Gnaden, der hat ihnen das Material für ihr Gespräch zur Verfügung gestellt. Ein reizvolles Stück, dieses Streichtrio in B-Dur, dessen hoher Gehalt in der Ausgetaltung seiner filigranen Motivarbeit liegt. Höchste Dialogkunst waltet hier, und ein jeder der drei Gesprächsteilnehmer trägt dazu sein Scherflein bei, dass dieser kultivierte Disput mit all seinen Neckereien und Querverweisen uns beglückt. Gleiches gilt für Beethoven. Nur dass bekanntermaßen dieser Komponist eine etwas schroffere Wortwahl sein Eigen nennt. Das Gaede Trio nimmt ihn darin zu jeder Sekunde ernst. Und liefert eine Interpretation ab, die zeigt, wie nahe schon der frühe Beethoven an der Welten Grenzen sich wähnte und ebendort auch gerne (nicht immer!) mit entsprechendem Furioso entlang schlenderte. Bleibt noch das Schmankerl von Fritz Kreisler, von Fredo Jung für Streichtrio arrangiert. Miniaturen sind′s voller Esprit. Und ebenso gespielt. Liebes Gaede-Trio: Wir verneigen, in Verehrung, das Haupt.
Jürgen Otto
Die Tirolerin –
Wiener Melange einmal anders
Und wieder hat es das Gaede Trio geschafft, sämtliche Konventionen über Bord zu werfen, meisterhafte Werkkomplexe aufzubrechen, um diese miteinander zu verknüpfen und eine wahre Wiener Melange daraus entstehen zu lassen. Im Zentrum dieses ungewöhnlichen Verfahrens steht dieses Mal Beethovens c-Moll-Trio op. 9 Nr. 3, das – eingebettet in Haydns delikates Divertimento und Fritz Kreislers Caféhausgemauschel – zu wahrer Größe erwächst.
Klassik heute –
Mit dieser Aufnahme legt das österreichisch-deutsche Gaede Trio bereits seine neunte CD für Tacet vor. Die Werkwahl ist weit gestreut, sie umfasst neben dem tiefernsten Beethoven-Trio c-Moll auch höfische und bürgerliche Unterhaltungsmusik.
Die CD beginnt, als wollten sich die drei Herren erst einmal in Ruhe aufwärmen: Gemächlich und mit langem Atem mit dem Variationssatz von Haydns Divertimento B-Dur. Der innerlich ruhige Puls ist jedoch Programm, die Musik wird auch in lebendigeren Passagen als eine in sich selbst ruhende Welt präsentiert, die gegen äußere Einflüsse wie etwa Emotionen immun scheint. Die Tongebung vermeidet jedes Extrem, die Konzentration liegt unauffällig, aber sehr schön gearbeitet auf der stimmigen Balance zwischen Dynamik und Transparenz der Stimmführung. Diese gleichsam objektivierende Haltung schafft eine gewisse Distanz zum Hörer, zeigt aber in der Folge sehr augenscheinlich die Entwicklung, welche die Musik des späten 18. Jahrhunderts gegangen ist. Denn steht bei der Interpretation von Haydns Trio noch ganz die Ausgewogenheit zwischen objektiver Form und subjektivem Inhalt im Mittelpunkt des spielerischen Interesses, so verschiebt sich diese Balance bei Beethovens c-Moll-Trio eindeutig zu Gunsten des persönlichen Ausdrucks.
Dieses musikgeschichtlich wichtige Trio wird jedoch weniger als ein Werk der persönlichen Tragik (Beethovens) als vielmehr als unruhige Suche präsentiert. Das schnelle und ausgesprochen transparente Spiel, welches kaum einen Unterschied zwischen Haupt- und Nebenstimmen zu kennen scheint, zeugt weniger von einer persönlichen als einer grundlegenden musikalischen Krise gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Die Instrumente scheinen oft mehr zu flirren als zu klingen, der ganze musikalische Satz, der bei Haydn noch stabil steht, wirkt wie in Auflösung und Zerfall, zusammengehalten lediglich durch die Strenge von Beethovens Kompositionstechnik. Wie wichtig dem Gaede Trio diese Strenge ist, zeigen der zweite und der dritte Satz. Zwar kann sich die Violinstimme im Adagio con espressione mit viel Kantabilität aussingen, doch noch mehr beeindruckt die Ökonomie im Zusammenspiel aller Instrumente. Der dreistimmige Satz besitzt hier die Klarheit schlichter moderner Architektur. Unruhe und Strenge verbinden sich im Scherzo zu einer Mischung aus wilder Energie und Disziplin. Die Musik gleicht einem mit sehr straffen Zügeln geführten Rennpferd, wobei das Trio als Moment der Regeneration vor dem nächsten Anlauf dient. Das Finale kehrt durch sein aggressives, auffahrendes Spiel zur Haltung des Kopfsatzes zurück, besitzt jedoch auch Momente einer sich aus satter Klanglichkeit nährenden Ruhe.
Daß das Gaede Trio nach dieser herausragenden Beethoven-Interpretation Arrangements von Musik Fritz Kreislers spielt – der zudem das Cover ziert, mag als Reminiszenz an den Unterhaltungsmusiker Haydn gedeutet werden, wirklich schlüssig ist es nicht. So fraglich die Werkwahl, so schön ist das Spiel. Mit wienerischem Charme, voller Rubati und mit einer guten Portion Wehleidigkeit wird eine inzwischen untergegangene Welt beschworen, die in Wiener Cafehäusern und in Ballsälen jedoch immer noch lebendig ist. Man möchte eine Kaisermelange schlürfen bei dieser Musik…
Nicht zuletzt diese Aufnahme zeugt von der großen Wandlungsfähigkeit und Überzeugungskraft des Gaede Trios. In jedem dieser drei Werke werden gänzlich verschiedene interpretatorische Aspekte herausgearbeitet und sinnvoll miteinander verknüpft. Die Überzeugungskraft, die daraus entsteht, erlaubt auch Zusammenstellungen, die sonst nur schwer verkraftbar wären, wie eben hier Beethoven mit Kreisler.
Die Aufnahmequalität verdeutlicht die Qualitäten dieses Ensembles. Die drei Instrumente werden als hochtransparenter, in Summe jedoch sehr runder Klangkörper dargestellt. Die breit aufgefächerten Instrumente klingen natürlich und sind klar voneinander abzugrenzen.
Robert Spoula
Stuttgarter Zeitung –
Edles aus dem Kaffeehaus
Mit einer fabelhaften Aufnahme von Bachs Goldbergvariationen (TACET 70) hat das Gaede Trio seine Kompetenz für Sperriges schon bewiesen, auf seiner neuen CD nun nimmt es sich (vermeintlich) Leichterem an (…) Fredo Jung hat sechs bekannte Stücke [von Kreisler] für Streichtrio eingerichtet, und die Gaedes spielen das mit einer Genauigkeit und Beseeltheit, als wäre es große Kammermusik – ohne dabei ihr Kaffeehausaroma ganz zu unterschlagen. Eine Veredelung der geschmackvollen Art, innerhalb der dann Geigerschmäh wie ein unisono gespieltes Portamento einen ungeheuren Effekt macht. Das hätte auch Kreisler gefallen.
Frank Armbruster
Wiesbadener Anzeiger –
Beethoven in der Mitte
Mit ihren ungewöhnlichen Querverbindungen haben die Musiker des Gaede Trios viel Aufmerksamkeit und Anerkennung erfahren. Mal begegnen sich Bach und Mozart, dann Mozart, Schubert und Roussel, und schließlich trafen Siegfried Matthus und Ernst von Dohnany auf Schubert. Immer wieder brechen die Künstler Werkkomplexe auf und verknüpfen sie neu miteinander – wie jetzt auch in der kleinen TACET-Serie, in der die Streichtrios von Ludwig van Beethoven gewissermaßen das gedankliche Mesostichon abgeben. Ausgehend von den oftmals als „Beinahe-Quartette“ unterschätzten Kompositionen lassen die drei Musiker Beziehungen entstehen, auf die „man erst einmal kommen muss“: Die Serenade op. 8 als Gegenstück zu Ysaye und Eisler oder Krenek, Bach und Francaix als Rahmenhandlung des Trios D-Dur op. 9 Nr. 2, das will schon was heißen. Wenn man′s hört, offenbaren sich freilich die tieferen Zusammenhänge – und dann versteht man auch die jüngste Kopplung, die eine rein wienerische Melange geworden ist. Im Zentrum steht das ebenso meister- wie geisterhaft gespielte c-Moll-Trio op. 9 Nr. 3, dessen gesamter Duktus schon weit in frühromantische Gespensterzeiten vorausstürmt, dazu gibt es ein delikates Divertimento von Joseph Haydn und ein wenig Wiener Caféhausgemauschel von Fritz Kreisler, dessen beliebte Bonbons hier in einer Fassung des 1949 geborenen Fredo Jung zu hören sind. Und merkwürdigerweise geht das eigenwillige Konzept immer wieder auf.