177 CD / The Welte Mignon Mystery Vol. XIII: Theodor Leschetizky

The Welte Mignon Mystery Vol. XIII

Theodor Leschetizky

today playing his 1906 interpretations.
Works by Leschetizky, Chopin, Mozart and Heller

EAN/barcode: 4009850017707

Klassik.com Empfehlung

Beschreibung

Spannende Zeitreise
(…)diese Aufnahme [ist] ein hoch interessantes, faszinierendes Dokument. Und gleichzeitig ein künstlerischer Stachel, mit dem man manch notengetreuen Zeitgenossen durchaus mal piksen dürfte. “ (klassik.com)

Was ist „Welte Mignon“?

8 Bewertungen für 177 CD / The Welte Mignon Mystery Vol. XIII: Theodor Leschetizky

  1. Pianiste

    DIE LEKTIONEN DER VERGANGENHEIT
    Die Magie der Welte-Mignon

    Debussy, Ravel, Mahler, Einecke, Grieg, Granados… spielen ihre Werke.

    Würden Sie gerne Ravel, Debussy, Strauss, Saint-Saëns, Reger hören, wie sie auf einem modernen Klavier ihre eigenen Werke spielen? Und was halten Sie von einer „perfekten“ Wiedergabe der Interpretationen der ersten Horowitz, Fischer, Lhévinne und anderer wie Schnabel? Das deutsche Label Tacet bietet eine Anthologie der Rollen, die mit dem Welte-Mignon-Verfahren aufgenommen wurden. Das System ist einfach, aber der Wiedergabeprozess ist besonders komplex! Tatsächlich wurden die von den Komponisten selbst gespielten Stücke mit dem 1904 von der Firma Welte & Söhne in Freiburg erfundenen Gerät digitalisiert. Die damaligen Lochrollen haben den Anschlag, das Pedalspiel und die feinsten Nuancen aufgezeichnet. Heute muss man diese Aufnahmen einfach auf ein Konzertklavier übertragen.

    Es ist daher ein echter Schock, die „Children’s Corner“ und einige Préludes von Debussy zu hören, aber auch die „Sonatine“, die „Valses nobles et sentimentales“ von Ravel unter den Fingern der Komponisten selbst zu erleben. Welche Lektionen ziehen wir daraus? Zunächst einmal die erstaunliche Freiheit dieser beiden Genies in Bezug auf ihre Partituren! Es ist auch wahr, dass das Spiel von Ravel nicht immer perfekt in der Ausführung ist… Aber wenn man den rein technischen Aspekt überwindet, wird die extreme Feinheit und die Personalisierung der Anschläge deutlich. Die Dynamik ist meist zart, die Finger scheinen das Klavier nur zu streifen. Ohne jede Brutalität. Die Klarheit und Sanftheit sind verblüffend. Andere Beispiele sind ebenso beeindruckend, wie die beiden Bände, die sich mit Werken von Brahms befassen, die von Nikisch, Lhévinne, Samaroff, Ney oder auch die Etüden von Chopin, gespielt von Pachmann und Paderewski, interpretiert wurden…

    Die Virtuosität der Pianisten ist erstaunlich, aber noch mehr überrascht die Leidenschaft, das Engagement, manchmal sogar die Zierlichkeiten und die unpassenden Verzierungen, die manche Pianisten wie Ticks hervorrufen. Aus all diesen Meisterlektionen bleibt uns eine Erkenntnis: Die stärksten Persönlichkeiten entfalten sich nur nach einem tiefen und viszeralen Verständnis der Werke. Schnabel in den Walzern von Josef Strauss und Josef Lanner (wer würde das heute noch spielen?), Horowitz 1926 in einigen Préludes von Rachmaninov – sie sprechen uns an. Woher rührt der Charme und die unwiderstehliche Ausstrahlung ihrer Lesarten? Ein Rätsel.

    Jedes Jahr veröffentlicht Tacet drei oder vier neue CDs aus den Welte-Mignon-Archiven. Unbedingt sammeln.
    S. F.

    _________________________________________________

    Französischer Originaltext:

    LES LEÇONS DU PASSÉ
    La magie des Welte-Mignon
    Debussy, Ravel, Mahler, Einecke, Grieg, Granados… jouent leurs œuvres.

    Vous aimeriez entendre Ravel, Debussy, Strauss, Saint-Saëns, Reger jouant sur un piano d’aujourd’hui leurs propres Oeuvres? Et que diriez-vous aussi d’une restitution « parfaite » des interprétations des premiers Horowitz, Fischer, Lhévinne et autres Schnabel? Le label allemand Tacet propose une anthologie des rouleaux gravés par le procédé Welte-Mignon. Le système est simple, mais le procédé de restitution particulièrement complexe! En effet, les pièces jouées par les compositeurs eux-mêmes ont été numérisées à partir de l’appareil inventé en 1904 par la firme Welte & Fils de Fribourg. Les rouleaux perforés de l’époque ont capté le toucher, le jeu des pédales et les nuances les plus fines. Il suffit aujour¬d’hui de transférer ces témoignages sur un piano de concert.

    C’est donc un véritable choc que d’entendre dans un confort d’écoute optimal les Children’s Corner et quelques Préludes par Debussy, mais aussi la Sonatine, les Valses nobles et sentimentales de Ravel sous les doigts des compositeurs. Quelles leçons en retirons-nous? D’abord, l’étonnante liberté de ces deux génies vis-à-vis de leurs partitions! Il est vrai aussi que le jeu de Ravel n’est pas d’une justesse infaillible… Mais si l’on dépasse l’aspect purement technique, on s’aperçoit de l’extrême finesse et de la personnalisation des touchers. Les dynamiques sont généralement faibles, les doigts semblent effleurer le clavier. Sans aucune brutalité. La clarté et la douceur sont stupéfiantes. D’autres exemples sont frappants comme ces deux volumes consacrés à des œuvres de Brahms interprétées par Nikisch, Lhévinne, Samaroff, Ney ou bien les Études de Chopin par Pachmann et Paderewski…

    La virtuosité des pianistes est stupéfiante, mais on est plus surpris encore par la fougue, l’engagement, parfois même les coquetteries, les ornementations intempestives que certains provoquent comme des tics. De toutes ces leçons de maîtres, on retient que les personnalités les plus fortes ne s’épanouissent qu’après une compréhension viscérale et profonde des œuvres. Schnabel dans les Valses de Josef Strauss et de Josef Lanner (qui oserait jouer cela aujourd’hui ?), Horowitz en 1926 dans quelques Préludes de Rachmaninov nous interpellent. D’où proviennent le charisme et le charme insensés de leurs lectures? Mystère.

    Chaque année, Tacet publie trois ou quatre nouveaux CD des archives Welte-Mignon. À thésauriser.
    S. F.

  2. Pforzheimer Zeitung

    Als Lehrer hat er so bedeutende Pianisten wie Ignacy Jan Paderewski, Artur Schnabel oder Mieczyslaw Horszowski betreut. Damit ist Theodor Leschetizky in die Geschichte des Klavierspiels eingegangen. Eine bei TACET erschienene CD mit Rollenaufnahmen des Pianisten demonstriert seine Klasse, aber auch das Vermögen Leschetizkys gehaltvolle Salonmusik zu schreiben. Die Welte-Mignon-Rollen geben auf dieser gut aufgenommenen CD einen ansprechenden Eindruck vom eleganten Spiel des Polen wieder. Texttreue im heutigen Sinn war seine Sache nicht, wie beispielsweise die dramatisch hochgeputschte c-Moll-Fantasie Mozarts unterstreicht. Bei Chopin (…) und Stephen Heller kommt Leschetizkys elegantes Rubatospiel zum Tragen. Der manuelle Feinschliff prägt auch das Spiel seiner Eigenkompositionen.
    tw

  3. Audiophile Audition

    Es ist, als säße Theodor Leschetizky – ein bedeutender Pianist und Komponist seiner Zeit – tatsächlich selbst am Steinway-Flügel.

    Dies ist eine weitere gelungene Veröffentlichung in der feinen Reihung von Welte-Mignon-Klavierrollen-Reissues bei Tacet. Die deutsche Technik der ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts (beginnend ab 1904) war bei Weitem die ausgefeilteste, komplexeste und präziseste aller Klavierrollensysteme – eine Art Rube-Goldberg-Technologie. Tacets Welte-Mignon-Spezialist hat den sogenannten „Vorsetzer“ sorgfältig justiert; dieser wird an die Tastatur eines perfekt gestimmten Steinway D herangerollt, und die Stereoaufnahmequalität ist erstklassig.

    Das Geheimnis besteht natürlich darin, dass man diese Aufnahmen eigentlich nicht als historische Aufnahmen bezeichnen kann – es ist, als säße Theodor Leschetizky tatsächlich persönlich am Steinway-Flügel. Nur die von Zenph Studios digital rekonstruierten Wiedergaben alter 78er und Mono-Tonbänder erreichen eine ähnliche Nähe zu historischen Interpretationen. Diese mögen zwar ein genaueres Timing bieten, aber das mechanische „Player-Piano-Gefühl“ ist bei den besten Welte-Reproduktionen meist kaum wahrnehmbar.

    Der junge Leschetizky wurde 1830 geboren und war Schüler von Carl Czerny, der wiederum ein Schüler Beethovens war. Er wurde als „ein Vulkan von einem Mann“ beschrieben und war für seine charismatische Persönlichkeit bekannt. Auch als Pädagoge war er hoch angesehen. Als er diese Rollen 1906 einspielte, lag sein Abschiedskonzert bereits 20 Jahre zurück, doch es ist spürbar, wie sehr ihm diese kleine Sammlung von Stücken Freude bereitete. Das einzige größere Werk darunter ist die faszinierende Fantasie in c-Moll von Mozart. Brahms soll sich einmal über Leschetizkys „kleine Spielereien“ lustig gemacht haben, worauf dieser entgegnete: „Die sind zehnmal unterhaltsamer als deine.“ Vielleicht hatte er recht.

    John Sunier

  4. Pizzicato

    Der polnische Pianist und Komponist Theodor Leschetizky (1830-1915) studierte noch bei Carl Czerny und Simon Sechter in Wien. Er selbst unterrichtete bereits mit 14 Jahren und machte sich als Konzertvirtuose einen Namen. Im Alter von 24 Jahren etablierte er sich in Sankt Petersburg, wo er 1862 zusammen mit Anton Rubinstein das Konservatorium gründetet. Er gilt daher auch als einer der Urväter der russischen Klavierschule. 1878 ging er zurück nach Wien. Die Liste seiner Schüler liest sich wie ein ‚Best of‘: Ignaz Paderewski, Artur Schnabel, Ossip Gabrilowitsch, Elly Ney, Miecyslaw Horszowski, Benno Moiseiwitsch, Paul Wittgenstein, Ignaz Friedman… Als Komponist schrieb er zwei Opern, ein Klavierkonzert, Lieder und über 70 Klavierstücke, wovon er am 18. Januar 1906 sieben Stück für das Reproduktionsklavier Welte-Mignon im Leipziger Aufnahmestudio von Welte aufnahm, nebst fünf weiteren Kompositionen. Wenn man die recht eigenwilligen, einfallsreichen Interpretationen der Mozart-Fantasie KV 475, des Chopin Nocturnes Nr. 8 bzw. der Polonaise Nr. 9 hört, bedauert man sofort, dass er nicht mehr Werke bekannter Komponisten eingespielt hat. Doch die absolute Klarheit seines Spiels ist auch an seinen eigenen Kompositionen zu ermessen, wobei Klarheit gleichzusetzen ist mit Transparenz und Helligkeit.
    RéF

  5. Klassik heute

    Gegen die energischen technischen Bemühungen, alte Klavierrollen-Dokumente auf heutigem Klangniveau zu neuem Leben zu erwecken, ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil: der lauschende Blick zurück in die Urzeiten der mechanischen Tonaufzeichnung sollte für jeden, der sich etwas eingehender mit Musik und all ihren interpretatorischen Verbindlichkeiten befasst, zur angenehmen Pflicht werden. Was können wir nicht alles lernen, wenn bei dieser Gelegenheit der immerhin 76-jährige Theodor Leschetitzky noch einmal in die Tasten greift! Nimmt man die eingangs verfügte Mozart-Fantasie KV 475, so fühle ich mich (ich vermeide bewusst die Formulierung: „fühlt man sich“) in eine andere, fremde, aber auch faszinierende Welt der gestalterischen Subjektivität versetzt – fern aller aufführungspraktischen Überlegungen, angstfrei, was den Umgang mit dem Notentext anbelangt, einzig und allein dem eigenen Wähnen und Fühlen verpflichtet. Leschetitzky spaltet die anfänglichen, ihm vielleicht zu unfreundlich klingenden Unisono-Formationen in eine Art Mehrspurigkeit auf. Heute würde jeder Klavierlehrer seinem Schüler mit dem imaginären Rohrstock auf die Finger klopfen!

    Andererseits: es gab zu diesen Welte Mignon-Zeiten Anfang des 20. Jahrhunderts keine Mozart-Tradition, keine oder fast keine dokumentierten Vorbilder – und schon gar nicht hatte man eine Vorstellung, wie Mozart seine Werke vorgetragen hat, geschweige denn, wie man sie zu spielen hatte. Autorität war die Persönlichkeit des Künstlers, seine Aura auf dem Podium, seine Leistungen über eine lange Lebens- und Wirkensstrecke. Und so sind wir heute gehalten, uns auf Leschetitzkys Eigenwilligkeit im Umgang mit dieser c-Moll-Fantasie gläubig, staunend, zuweilend protestierend einzustellen, so scheckig, so wackelig, aber auch im Detail so rührend das von Tacet ins „Heutige“ beförderte Ergebnis auch ist.

    Mit gegenwärtigen Maßstäben gemessen, ist auch Leschetitzkys Wiedergabe der Des-Dur-Nocturne von Chopin ein Beleg für den geradezu unheimlich freien Umgang mit den vorliegenden Daten. Hingegen bewegt er sich im Umfeld der frühen, posthum herausgegebenen B-Dur-Polonaise gar nicht so weit von aktuellen und etwas älteren Deutungen (Magaloff/Philips, Ashkenazy/Decca, Harasiewicz/Philips, Moisiewitsch/Piano Library, Clidat/Forlane, Ugorski/DG, Ferenczy/Hungaroton etwa). Völlig in seinem Element – nämlich im Bereich eleganter, flüssiger Nebensächlichkeit – tobt und säuselt sich Leschetitzky in den Heller-Miniaturen und in seinen eigenen Charakterbildlichkeiten aus. Rückhörend wird dann auch manches verständlich, denn etliche Passagen der Mozart-Fantasie scheinen aus dem Geist dieser „Souvenirs“, dieser „Arabesken“- und „Impromptu“-Inventionen gespielt und nachempfunden zu sein.

    Falls man den Unterschied zwischen einem bedeutenden Komponisten und einem weniger wichtigen (gleichwohl sympathischen) Autoren festmachen möchte, dann darf man Leschetizkys lauwarme Quellenstudie La Source (op. 36) mit Liszts prä-impressionistischem Au bord d’une source-Aquarell vergleichen. Indes: Es gibt Pluspunkte für den kompositorischen Kleinmeister: Theodor wusste sich mit seinem „Verüben eigener Verbrechen in Form von neuen Klavierstücken“ ohne Selbstüberhebung einzuschätzen. Christian Schaper fügt in seinem exzellenten Begleittext hinzu: „Wenn Brahms in der gemeinsamen Sommerfrische gelegentlich über diese ‚ganz kleinen Dinge’ treffend spottete, wusste Leschetitzky allerdings zu kontern: ‚aber zehnmal amüsanter als deine’“.
    Peter Cossé

  6. klassik.com

    –> Original-Artikel

    (… ) diese Aufnahme [ist] ein hoch interessantes, faszinierendes Dokument. Und gleichzeitig ein künstlerischer Stachel, mit dem man manch notengetreuen Zeitgenossen durchaus mal piksen dürfte.

  7. Stuttgarter Zeitung

    Alte Schule

    Weiter ins 19. Jahrhundert zurück als das Spiel Theodor Leschetizkys auf dem Welte-Mignon-Flügel führen uns wenige Tonaufnahmen – und klingen dank der modernen Technik doch wie von heute. Im Alter von neun Jahren musizierte Leschetizky (1830–1915) mit Mozarts Sohn Franz Xaver, mit elf wurde er Schüler Czernys. Berühmt war er als Pianist, später als Pädagoge. Komponiert hat er auch, virtuos- brillante Salonstücke, von denen sich hier einige finden. 1906 lag sein letzter Konzertauftritt zwanzig Jahre zurück. Dennoch bedarf sein Spiel keiner Nachsicht. Was uns irritiert – freizügiges Rubato, arpeggierte Akkorde, rhythmisch leicht verzögerte Einsätze der rechten Hand –, sind keine Fehler, keine persönlichen Eigenheiten, sondern Rhetorik im Stil der Zeit. In Mozarts c-Moll-Fantasie oder in Chopins mit wunderbar singendemAnschlag artikulierter Des-Dur-Nocturne begegnen wir einem kreativen Interpreten, der jeden Ton über das Notierte hinaus mit Ausdruck erfüllt und dessen Vortrag doch stets klassisch geformt bleibt.
    Usc

  8. Journal Frankfurt

    Das Label Tacet hat eine interessante Reihe, in der jetzt die Interpretationen von Theodor Leschetizky erschienen sind. Wie geht das? Der lebte schließlich von 1830 bis 1915. Die Antwort: Welte-Mignon. Jene Lochstreifen-Maschinen, die Anfang des 20. Jahrhunderts Klaviermusik aufzeichneten. Tacet hat die alten, überlieferten Rollengeräte an einen modernen Flügel angeschlossen und lässt das Werk wie einst erklingen – aber eben modern aufgenommen. Ein respektables Projekt, das deutlich mehr ist als eine technische Spielerei, denn es transportiert den interpretatorischen Geist der späten Romantiker.
    cru

Füge deine Bewertung hinzu