259 SACD / Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonies KV 543 „No. 39“, KV 551 „Jupiter“
Beschreibung
Jupi! – es gibt eine neue Aufnahme von Mozart opus 551 – oops, KV 551 – und KV 543! Ich sehe schon manchen Rezensenten die Stirn schütteln. „Noch eine!“ – tja, („Hey, guys“ sagt Gordan Nikolic immer), tut mir leid, so ist das bei TACET, ständig bekannte Werke. Da müssen Sie durch. Zum Glück sind diese beiden dermaßen teuflisch gut, dass sie noch Jahrhunderte nach ihrer Entstehung Menschen, die dafür eine Antenne haben, vom Hocker reißen. Moment mal, Antennen, gab’s die damals schon? Egal, Sie wissen schon. Albern? Jau, albern. Wer möchte behaupten, Mozart wäre nicht gelegentlich albern gewesen? Auch hier? Und kühn, frech! Wie er den letzten Satz der Jupitersinfonie seinen Zeitgenossen quasi vor die Füße schmeißt, das ist unnachahmlich. Leider kann man es auf dieser SACD nicht sehen, wenn sich die Fagotte und Celli ins Fäustchen lachen, dafür umso besser hören. Was für Kontraste! Nach dem strahlenden Beginn mit Pauken und Trompeten kommt der zweite Satz aus einer vollkommen anderen Welt. „Con sordino“, verführerisch und zart streicheln Gordan Nikolic und die Girls und Guys vom Netherlands Chamber Orchestra das Ohr. Und so geht es immer weiter. Nicht anders ergeht es in der Es-Dur Sinfonie. Ja aber gibt’s nicht schon viele wunderbare Aufnahmen dieser Werke? Ja gibt’s. Aber wie das bei Mozart so ist, da können die berühmtesten Interpreten versagen und die unbekanntesten können voll ins Schwarze treffen. Entscheiden Sie selbst. Auch beim Klang ist immer Luft nach oben, wie auf der nach oben offenen Richter-Skala. Apropos Klang, das Orchester saß bei der Aufnahme ähnlich den anderen Sinfonien dieser Serie wiederum im Kreis um Mozart herum. Nativer TACET Real Surround Sound. Setzen Sie sich zu ihm, mitten hinein!
4 Bewertungen für 259 SACD / Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonies KV 543 „No. 39“, KV 551 „Jupiter“
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Klassik heute –
–> zur Original-Kritik
Echter „Surround“, also ein umschließender Raumklang, entwickelt sich, wenn –wie auf dem hinteren CD-Cover zu sehen – die Musiker des Netherlands Chamber Orchestra bei der Aufnahme im Kreis sitzen. Dass das nicht nur ein Gag ist, hört man: Hervorragende Transparenz, Durchhörbarkeit des Gesamtklangs mit gleichzeitiger instrumentaler Auffächerung des Orchesterklangs, äußerst ausgewogene Balance zwischen Streichern und Bläsern und die organische Einbettung der Pauke sind das Ergebnis. „Einbettung“ stimmt hier fast wörtlich: Beinahe nie hört man die Pauke so bettenweich, so variabel im „Anschlag“ (so würde man beim Pianisten sagen), also im Aufschlag und so die Interpretation unterstützend.
Um die kritische Frage gleich vorwegzunehmen: Warum kommt die Jupiter-Symphonie, Mozarts Schlusswort in Sachen Symphonie und Krönung der Trias der letzten drei Symphonien, am Anfang und der Anfang der Trias, also die Es-Dur-Symphonie, am Ende? Schlüssig ist das nicht.
Ein philosophisches Spiel
Schlüssig aber ist das Spiel der Musiker, die vom mitspielenden Geiger Gordan Nikolić geleitet werden. Gerade die Violinen erfüllen das Problem mit Leben, das der Musikwissenschaftler und Dirigent Peter Gülke über den Beginn der Es-Dur-Symphonie geschrieben hat („Triumph der neuen Tonkunst. Mozart späte Symphonien und ihr Umfeld“): „Zur Paradoxie eines jeden Anfangs gehört, dass er, zwischen Abwesenheit und Anwesenheit des Gegenstandes schwebend, das Gewicht der Sache reflektieren muss, die da anfängt, nicht aber schon die Sache selbst.“ Anders gesagt: Fange ich an oder fange ich etwas an? Wenn ich anfange, fange ich immer gleichzeitig etwas an. Da „bieten sich Vorahnungen, Anspielungen und andere Formen des musikalischen Noch-Nicht an“, fährt Gülke fort. Das bieten exemplarisch die suchenden und irrenden Violinen gleich nach dem pathetischen vollen Es-Dur-Klang, die in einem geschärften Septakkord kulminieren: Der Anfang als Anfang von allem. Fast wie ein Weltenbeginn. Und beginnt der Weltenanfang in Wagners Rheingold nicht auch mit einem tiefen Ur-Es-Dur-Gewoge?
Natürlich fließende Tempi
Zu solchen philosophischen Fragen fühlt man sich gedrängt, wenn man die liebevoll genaue, mit Fragen und Bedeutungen gefüllte Spielweise des Orchesters hört. Die gewählten Tempi sind moderat schwingend, natürlich fließend, nie herrscht eine übertreibungssüchtige und überraschungsheischende Überdramatisierung. Sehr kantabel und dabei mit leichtem Vibrato binnenbelebt erklingt das Seitenthema des Kopfsatzes der Es-Dur-Symphonie, eben als deutlicher Kontrast zur erhabenen Blockhaftigkeit des Hauptthemas.
Und wieder der suchende Beginn im zweiten Satz und daran anschließend ein genüsslich ausgekostetes Frage- und Antwort-Spiel, alles dargebracht mit Freude und darein gemischt etwas wie keusche Scheu: die Annäherung an das Geheimnis der Musik. Die Musiker machen sich auf die Suche nach diesem Geheimnis in dem Bewusstsein, es zu verlieren, wenn sie es zu finden glaubten.
Luzide Transparenz
Breit strömt und singt das Andante in der Jupiter-Symphonie, dabei durchaus gestisch belebt, die Sforzati kommen nicht als Hammerschlag, eher wie quellende Ausbrüche. Luzide Transparenz herrscht dann im Finalsatz der Jupiter-Symphonie, man hört jede kleine strukturgebende Figur der Flöte, der Energiepool wird immer wieder aufgefüllt, so dass die C-Dur-Freude endlos erscheint.
Rainer W. Janka
Audio –
(…) Nikolic nimmt beide [Sinfonien] als das, was sie sind: musikalische Meisterwerke von unerreichter Schönheit. Sie wirken im leichten Gewand viel inniger, viel delikater als im philharmonischen Brokat – wenn sie denn von so meisterlichen Musikern gespielt werden. Tacets RSS bildet sie im Kreise mit den Bläsern ab, doch auch in normalem Stereo ist das ganz wunderbar zu hören.
Lothar Brandt
Classical CD Choice –
–> Original-Rezension
Wieder einmal hat sich Tacet die lobenswerte Aufgabe gestellt, den Hörer in den Mittelpunkt einer sympathischen und pointierten Aufführung zu stellen, diesmal von zwei von Mozarts populärsten Sinfonien. Auch wenn die Aufführungen nicht mit so beliebten SACD-Aufnahmen wie denen von Charles Mackerras mithalten können, so werden sie doch mit viel Liebe zum Detail dargeboten, und die Aufnahmepalette dieses Unternehmens ist einzigartig.
Barry Forshaw
Pizzicato –
–> Originalkritik
Mozart in leichter Kleidung
Jetzt holen wir mal den Jupiter runter von seinem Olymp, muss sich Gordan Nikolic gesagt haben, als er Mozarts 41. Symphonie in die um ihn herum aufgestellten Mikrophone von Tacet dirigierte. Die Aufnahme ist Real Surround Sound, d.h., der Zuhörer sitzt mitten drin in der Musik und hört die Streicher vorne, die Bläser eher mittig und die hellen Bläser sogar eher hinten. Der Effekt ist bezaubernd, fächert er doch die Klangstruktur enorm gut auf.
Doch kommen wir zur Interpretation. Nikolic nimmt der 41. Symphonie alle Feierlichkeit, jeden Pomp und dirigiert leicht und locker. Nein, nicht so wie Sie jetzt vielleicht meinen. Seine Tempi sind nicht schnell und fetzig, im Gegenteil, aber die Texturen sind es, die die Symphonie jugendlich und unbeschwert frisch werden lassen.
In der 39. Symphonie verfährt der Dirigent nicht anders und serviert uns mit seinem niederländischen Orchester eine frische und schwungvolle Interpretation, wobei aber auch das besonders zarte und liebliche Andante wohltuend auffällt.
Remy Franck