"Kreisler jun. contra Brahms sen. - so könnte man die beiden CDs (TACET 84 / TACET 85) gegeneinander ausspielen. Jedenfalls was das Opus 8 anbelangt. Zweimal nämlich hat sich Brahms mit seinem ersten Klaviertrio beschäftigt: 1854, als er es zu Papierbrachte (nach den ersten Klavier- und Liedkompositionen op. l bis 7 nun das erste Kammermusikwerk), und 1889, als er es nochmals vornahm und grundlegend revidierte (dieser Revision, der letzten Beschäftigung mit einem Kammermusikwerk, folgten anschließend noch die späten Klavierstücke op. 116 bis 119 sowie die "Vier letzten Gesänge"). Auffallend, wie sich die verschiedenen Kreise - Klaviermusik, Kammermusik- und Liedschaffen - je einzeln schließen oder wie, nach der Formulierung von Brahms, sich "die Schlange in den Schwanz beißt".
Mit Kreisler jun. hat Brahms die erste Fassung des op. 8 signiert, Bezug nehmend auf jenen Kreisler, den Schumann in seiner "Kreisleriana" verewigen sollte. Ein rauschhaft ausufernder, da und dort überschwappender musikalischer Fluß, der alles mitzureißen scheint resp. dem der Komponist zunächst keine Form zu geben vermochte. Deshalb auch das Bedürfnis nach Revision, nach Zähmung des jugendlich-ungestümen Erstlings. Beide Fassungen haben ihre Berechtigung und haben, wichtiger noch, auch ihren ganz spezifischen musikalischen Reiz. Zumal in den hervorragend ausgezirkelten Interpretationen des Abegg-Trios, welches sich nicht voreilig einem tradierten Brahms-Bild (Brahms mit Bart, alt geworden schon in Jugendjahren) verschreibt, sondern das "Kreislerische" Drängen und Ungestüm voll in seine Interpretation einbezieht. Ein Sonderlob an Jan Reichow: für die beiden hochinteressanten (und inhaltlich gut formulierten) Textheft-Beiträge."
Werner Pfister
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Mit Kreisler jun. hat Brahms die erste Fassung des op. 8 signiert, Bezug nehmend auf jenen Kreisler, den Schumann in seiner "Kreisleriana" verewigen sollte. Ein rauschhaft ausufernder, da und dort überschwappender musikalischer Fluß, der alles mitzureißen scheint resp. dem der Komponist zunächst keine Form zu geben vermochte. Deshalb auch das Bedürfnis nach Revision, nach Zähmung des jugendlich-ungestümen Erstlings. Beide Fassungen haben ihre Berechtigung und haben, wichtiger noch, auch ihren ganz spezifischen musikalischen Reiz. Zumal in den hervorragend ausgezirkelten Interpretationen des Abegg-Trios, welches sich nicht voreilig einem tradierten Brahms-Bild (Brahms mit Bart, alt geworden schon in Jugendjahren) verschreibt, sondern das "Kreislerische" Drängen und Ungestüm voll in seine Interpretation einbezieht. Ein Sonderlob an Jan Reichow: für die beiden hochinteressanten (und inhaltlich gut formulierten) Textheft-Beiträge."
Werner Pfister
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