"Ein doppeltes "X" ziert reliefartig das CD-pics. 20. Jahrhundert ist unmißverständlich angesagt. Das Abegg-(Klavier)Trio konzentriert seine Werkkollektion dabei auf die Jahre nach 1945. Allerdmgs richten alle vorgestellten Werke in einer Art von konzertierter Aktion den Blick zurück ohne Zorn auf Vergangenes, bekennen sich zumindest partiell zur Tradition.
Im Trio von Dietrich Erdmann, der per Geburtsjahr 1917 älteste der Komponisten mit einem allerdings nur vier Jahre zurückliegenden Werk, wird das beispielsweise in den die beiden ersten Sätze einleitenden Streicher-Soli deutlich: lange, weitgeschwungene Melodiebögen, deren im Poco adagio definitiv vorgeschriebenem Con espressivo" die Abeggs mit sinnlichem Vibrato entsprechen. In seinem Stück Fremde Szene II (gut zehn Jahre alt) geht Wolfgang Rihm mit dem Erbe" des 19. Jahrhunderts ironischer um, obwohl oder gerade weil er den Duktus eines Robert Schumann (von dem die Interpreten im übrigen ihren Ensemblenamen abgeleitet haben) am handgreiflichsten zitiert - hier elegante Klavierarpeggien, dort dramatisch-insistierende Akkordrepetitionen. Humorvoll bezeichnet Rihm das Klaviertrio als möbellastige Besetzung, die es nicht mehr gibt, die aber noch herumsteht. Wie in verlassenen Räumen kann hier Unerlaubtes geschehen". Wenn man Unerlaubtes" zu Unerwartetes" modifiziert, wird man mit der Rihm-Tonsprache und ihren Uberraschungseinfällen bald vertraut, auch wenn der mit einer von langen Pausen zäsierte Pizzicato-Schluß noch einmal verblüfft. Der Münchner Wilhelm Killmayer, welcher nach Loslösung von dem ihn prägenden Carl Orff zu einer immer wieder von Melos durchtränkten freien Tonaiität vorgedrungen ist, gibt mit Brahms-Bildnis ein neuerliches Klangporträt eines Komponisten nach Schumann in Endenich, wobei den Komponisten weniger der heroische als der chaotische Aspekt interessiert. Wenn das Klavier an einer Stelle in ein Diskanthämmern ausbricht, fühlt man sich sofort an das bizarre Flageolett-"E" in Smetanas Aus meinem Leben erinnert.
Zwei Jugendwerke lernt man in Dieter Ackers Stigmen und in Hans Werner Henzes Kammersonate kennen. Ackers von dem durch ungeraden 7/8-Rhythmus aufgelockerten Lyrismus und Henzes in seinem "Dolce"-Satz fast schon süßliches Bekenntnis zu "vollem, wildem Wohlklang" sind weitere Beispiele für das Suchen nach Individualität, ohne die Brücken zum Gestern abzubrechen.
Das Abegg-Trio (es existiert seit nahezu zwanzig Jahren) macht diese Spurensuche zum sinnlichen Hörerlebnis. Der Name des Ensembles bedeutet sicher kein verabsolutierendes Programm, aber das klassisch-romantische Repertoire (mit der besonderen Bezugsperson Robert Schumann) ist doch ein wesentlicher Teil der Aktivitäten. Das engagierte Programm der Intercord-CD imponiert darum ebenso wie das rhythmisch-sichere, klangintensive Spiel, welches die perkussiven Episoden in einigen Stücken andererseits nicht aufweicht.
Die Texte im Booklet (Biographien, Werkerläuterungen) sind z. T. von den Komponisten selber verfaßt - knapp und verständlich. Eine Edition also nicht nur für Insider, sondern auch für Einsteiger."
Matthias Norquet
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Im Trio von Dietrich Erdmann, der per Geburtsjahr 1917 älteste der Komponisten mit einem allerdings nur vier Jahre zurückliegenden Werk, wird das beispielsweise in den die beiden ersten Sätze einleitenden Streicher-Soli deutlich: lange, weitgeschwungene Melodiebögen, deren im Poco adagio definitiv vorgeschriebenem Con espressivo" die Abeggs mit sinnlichem Vibrato entsprechen. In seinem Stück Fremde Szene II (gut zehn Jahre alt) geht Wolfgang Rihm mit dem Erbe" des 19. Jahrhunderts ironischer um, obwohl oder gerade weil er den Duktus eines Robert Schumann (von dem die Interpreten im übrigen ihren Ensemblenamen abgeleitet haben) am handgreiflichsten zitiert - hier elegante Klavierarpeggien, dort dramatisch-insistierende Akkordrepetitionen. Humorvoll bezeichnet Rihm das Klaviertrio als möbellastige Besetzung, die es nicht mehr gibt, die aber noch herumsteht. Wie in verlassenen Räumen kann hier Unerlaubtes geschehen". Wenn man Unerlaubtes" zu Unerwartetes" modifiziert, wird man mit der Rihm-Tonsprache und ihren Uberraschungseinfällen bald vertraut, auch wenn der mit einer von langen Pausen zäsierte Pizzicato-Schluß noch einmal verblüfft. Der Münchner Wilhelm Killmayer, welcher nach Loslösung von dem ihn prägenden Carl Orff zu einer immer wieder von Melos durchtränkten freien Tonaiität vorgedrungen ist, gibt mit Brahms-Bildnis ein neuerliches Klangporträt eines Komponisten nach Schumann in Endenich, wobei den Komponisten weniger der heroische als der chaotische Aspekt interessiert. Wenn das Klavier an einer Stelle in ein Diskanthämmern ausbricht, fühlt man sich sofort an das bizarre Flageolett-"E" in Smetanas Aus meinem Leben erinnert.
Zwei Jugendwerke lernt man in Dieter Ackers Stigmen und in Hans Werner Henzes Kammersonate kennen. Ackers von dem durch ungeraden 7/8-Rhythmus aufgelockerten Lyrismus und Henzes in seinem "Dolce"-Satz fast schon süßliches Bekenntnis zu "vollem, wildem Wohlklang" sind weitere Beispiele für das Suchen nach Individualität, ohne die Brücken zum Gestern abzubrechen.
Das Abegg-Trio (es existiert seit nahezu zwanzig Jahren) macht diese Spurensuche zum sinnlichen Hörerlebnis. Der Name des Ensembles bedeutet sicher kein verabsolutierendes Programm, aber das klassisch-romantische Repertoire (mit der besonderen Bezugsperson Robert Schumann) ist doch ein wesentlicher Teil der Aktivitäten. Das engagierte Programm der Intercord-CD imponiert darum ebenso wie das rhythmisch-sichere, klangintensive Spiel, welches die perkussiven Episoden in einigen Stücken andererseits nicht aufweicht.
Die Texte im Booklet (Biographien, Werkerläuterungen) sind z. T. von den Komponisten selber verfaßt - knapp und verständlich. Eine Edition also nicht nur für Insider, sondern auch für Einsteiger."
Matthias Norquet
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