"Jeder Pianist, der sich die ungemein anspruchsvollen, dabei ebenso filigranen wie störrischen und ihre Reize nicht vorschnell offenbarenden Etüden von Debussy vornimmt und damit zu überzeugen vermag, ist ein absoluter Meister seines Fachs. Und umgekehrt nicht jeder, der gemeinhin als ein solcher gilt, schafft es, diese zwölf späten Meisterwerke Debussys zu seinem persönlichen Erfolg werden zu lassen.
Erika Haase, 1935 in Darmstadt geboren, kann sich mit den Besten messen. Im Vergleich etwa mit Maurizio Polllini (DG), der eine kraftgeladene, im konventionellen Sinne virtuose Interpretation bietet, gelingt es ihr, eine wesentlich vielfältigere Palette an Klangfarben auszubreiten. Vor allem in Stücken wie den Nummern vier ("Für die Quarten") und elf ("Für zusammengesetzte Arpeggien") vollbringt sie wahre Wunder der Anschlagskultur, zeigt, wie diese Musik in ihrer motivischen und koloristischen Mehrdimensionalität in die Zukunft weist.
Dabei bleibt Erika Haase stets dem französischen Ideal der Klarheit treu, widersteht jedem Drang zu schwärmen und auch zum Tastendonner - selbst dort, wo sich dies, zum Beispiel in der Oktaven-Etüde, anböte. Pollini hat hier keine Scheu, die große Pranke zu präsentieren, und er tut dies in durchaus eindrucksvoller Weise. Letztlich ist es jedoch Erika Haases nuanciertes und uneitles Spiel, das die doppelten Böden von Debussys nur scheinbar so sparsamem Spätstil in einer Kombination von Röntgenblick und Farbkultur mustergültig aulotet.
Die beiden Etüden von Lutoslawski sind pianistisch lohnende, aber stilistisch noch unreife Jugendwerke, und die dunkle Ekstatik von Skrjabins Opus 65 scheint Erika Haase nicht ganz so sehr zu liegen wie die kristalline Ästhetik Debussys. Voll und ganz jedoch überzeugt sie in zwei Stücken aus dem dritten noch unvollendeten Band der Etüden von Ligeti - "White On White" und "Pour Irina". Das Quäntchen mehr Zeit, das sie sich gegenüber den gleichermaßen meisterhaften Einspielungen von Pierre-Laurent Aimard (Sony - siehe Rezension) und Toros Can (L′empreinte digitale - siehe Rezension) nimmt, zahlt sich in einem Plus an Konzentration und atmosphärischer Dichte aus."
Thomas Schulz
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Erika Haase, 1935 in Darmstadt geboren, kann sich mit den Besten messen. Im Vergleich etwa mit Maurizio Polllini (DG), der eine kraftgeladene, im konventionellen Sinne virtuose Interpretation bietet, gelingt es ihr, eine wesentlich vielfältigere Palette an Klangfarben auszubreiten. Vor allem in Stücken wie den Nummern vier ("Für die Quarten") und elf ("Für zusammengesetzte Arpeggien") vollbringt sie wahre Wunder der Anschlagskultur, zeigt, wie diese Musik in ihrer motivischen und koloristischen Mehrdimensionalität in die Zukunft weist.
Dabei bleibt Erika Haase stets dem französischen Ideal der Klarheit treu, widersteht jedem Drang zu schwärmen und auch zum Tastendonner - selbst dort, wo sich dies, zum Beispiel in der Oktaven-Etüde, anböte. Pollini hat hier keine Scheu, die große Pranke zu präsentieren, und er tut dies in durchaus eindrucksvoller Weise. Letztlich ist es jedoch Erika Haases nuanciertes und uneitles Spiel, das die doppelten Böden von Debussys nur scheinbar so sparsamem Spätstil in einer Kombination von Röntgenblick und Farbkultur mustergültig aulotet.
Die beiden Etüden von Lutoslawski sind pianistisch lohnende, aber stilistisch noch unreife Jugendwerke, und die dunkle Ekstatik von Skrjabins Opus 65 scheint Erika Haase nicht ganz so sehr zu liegen wie die kristalline Ästhetik Debussys. Voll und ganz jedoch überzeugt sie in zwei Stücken aus dem dritten noch unvollendeten Band der Etüden von Ligeti - "White On White" und "Pour Irina". Das Quäntchen mehr Zeit, das sie sich gegenüber den gleichermaßen meisterhaften Einspielungen von Pierre-Laurent Aimard (Sony - siehe Rezension) und Toros Can (L′empreinte digitale - siehe Rezension) nimmt, zahlt sich in einem Plus an Konzentration und atmosphärischer Dichte aus."
Thomas Schulz
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