Diese Beethoven-Aufnahmen mit dem mehr als tüchtigen Kammerorchester aus dem polnischen Sopot sind mir noch von Tacet-CD S 157 in guter Erinnerung. Damals als „konventionelle“ Compact Disc angeboten, klanglich und von der Fertigung her tadellos, im Bereich der musikalischen Präsentation recht eindrucksvoll, erinnere ich mich durchaus nicht, von Rajski, seinen Beethoven-Argumenten und von den Kammerphilharmonikern überwältigt gewesen zu sein. Nun ist Gelegenheit, diesen – vielleicht auch auf beruflicher Unaufmerksamkeit beruhenden – Eindruck zu korrigieren. Hilfreich war dabei die neue Ausgabe der beiden Sinfonie im "DVD Audio – Tacet Real Surround Sound"! Diese Technik eröffnet tatsächlich Räume des akustischen Erlebens – und sie rückt bei der entsprechenden Heimausrüstung auch die interpretatorische Gestaltung in ein neues Licht. Alles wirkt duftiger, akzentuierter, im forschen Tempo detaillierter ausgekundschaftet, nobler, reicher im Gesamteindruck, wobei ich nicht verhehlen möchte, dass mir die Bläser unter diesen Umständen eine Spur zu sehr begünstigt sind.
Der Tacet-Ästhetik entsprechend befindet sich der Hörer inmitten des philharmonischen Geschehens – eine Situaion, die ja nicht der Sitzposition eines Konzertbesuchers entspricht. Aber es bleibt faszinierend, wie sich die Beethoven-Themen und ihre kunstvollen, bisweilen provokanten Verarbeitungen um das lauschende Subjekt herum aufbauen, wie sie an Durchsichtigkeit und zugleich an gesunder Fülle gewinnen. Gelegentlich gerät die Aufnahmetechnik jedoch an Grenzen der Plastizität. Wenn nämlich Rajski und seine Sopoter in den Finalsätzen extrem auf die kammerorchestrale Tube drücken. Eine Spur mehr Zurückhaltung im Tempo würde die Wirkung im Sinne von Brillanz, wirbelnder Intensität und Detailgenauigkeit (vor allem in den schnellen Schlenkern der hohen Streicher!) um einiges erhöhen. Aber insgesamt handelt es sich um eine überzeugende, klanglich – wie beschrieben – exquisite Einspielung, die aus meiner Hörsicht im weiten Feld der Konkurrenz-Produktionen eine vorderen Platz in Anspruch nehmen darf.
Peter Cossé
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