Mit dem Liedgesang sei es aus und vorbei, heißt es, keine Sänger, keine Zuhörer! Ob wirklich alles so stimmt, wie das von manchen behauptet wird? Immerhin gibt es Gegenbeweise, und mit einem höchst überzeugenden Argument hat man es bei dieser CD zu tun. Allein die Tatsache, daß sich die junge Sopranistin Marret Winger und ihr Klavierbegleiter Steffen Hartmann ein reines Hugo-Wolf-Programm für ihr erstes Schallplatten-Konzert ausgesucht haben, verdient Hervorhebung, denn Debütanten schlagen lieber einen weniger komplizierten Weg ein. Die Lieder Hugo Wolfs zählen zum Schwierigsten auf dem Gebiet der Vokalkunst, sie sind schwierig zu singen, zu spielen und sicher auch zu hören. Es bedarf großer Einfühlung sowohl für die Künstler als auch für die Zuhörer, sich in die eigenartig versponnene, oft sogar mysteriöse Klangwelt dieser Lieder hineinzuversetzen. Glücklich alle, die den „Schlüssel“ gefunden haben, der ihnen in dieses musikalische Wunderreich eröffnet.
Was Marret Winger mitbringt, ist beachtlich: Unterricht bei den Granden des Liedgesangs (und namentlich des Wolf-Liedgesangs), Schwarzkopf und Fischer-Dieskau. Dazu ein schönes, volltönendes Organ, das mit einem aparten welligen Vibrato ausgestattet ist und sich dadurch von den vielen genormten Stimmen unserer Tage unterscheidet. Man merkt, daß darin ein gesunder Kern steckt, auch Kraft für große Entfaltungen. Am Vortrag ist besonders die kühle Dezenz zu loben. Die Gesänge aus dem italienischen und spanischen Liederbuch verleiten Sängerinnen oft zu neckischem und affektiertem Getue. Davon hält sich Marret Winger vollkommen fern, ohne jedoch die Pointen der Texte außer Acht zu lassen. Die Sechs Alten Weisen nach Gottfried-Keller-Texten, Goethes Mignon-Lieder , dazu Die Bekehrte, Die Spröde, Anakreons Grab , schließlich drei Mörike-Vertonungen (Elfenlied, Das verlassene Mädchen, Er ist’s ) – alles wird mit großem Können und sicherem Vortrag dargeboten.
(...) Das Klavierspiel von Steffen Hartmann verdient eine Extra-Hervorhebung; da ist ein sensibler, technisch vollkommen ausgereifter Künstler am Werk, der sich auch geistig mit den Kompositionen auseinandersetzt, wie aus seiner klugen Werkeinführung im Beiheft hervorgeht. Dort findet man auch die Lied-Texte deutsch und englisch wiedergegeben.
Clemens Höslinger
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(...) Das Klavierspiel von Steffen Hartmann verdient eine Extra-Hervorhebung; da ist ein sensibler, technisch vollkommen ausgereifter Künstler am Werk, der sich auch geistig mit den Kompositionen auseinandersetzt, wie aus seiner klugen Werkeinführung im Beiheft hervorgeht. Dort findet man auch die Lied-Texte deutsch und englisch wiedergegeben.
Clemens Höslinger
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