Winger belebt, mit vollem Recht, die wolfianische Lesart einer Seefried oder Schwarzkopf, deren Schülerin sie war, wieder. Sie hat eine spielerische und schmelzende Stimme, eine einfühlende und ansteckende Musikalität, eine brilliante Artikulation.
Sensibel und ansteckend
Wenig wissen wir von Winger, außer einer illustren Reihe von Lehrern, deren Schülerin sie zwischen 2004 und 2007 war. 2007 gibt sie ihr Debüt mit Liedern, Oratorien und Opern (Despina, Zerlina, Anita: junge Rollen, die gut zur anmutigen Frische ihrer Stimme passen.) Ich korrigiere mich: dank der vorliegenden CD wissen wir viel über Winger. Sie belebt, mit vollem Recht, die wolfianische Lesart einer Seefried (ein ebenfalls immer jugendlicher lyrischer Sopran, womöglich die beste Interpretin Wolfs) und einer Schwarzkopf, in deren Meisterklassen sie Schülerin war, wieder. Sie verfügt über ein spielerisch-schmelzendes Organ, eine entschlossene Stimme, eine sensible und ansteckende Musikalität, eine brilliante Artikulation.
Wolfs Welt ist anspruchsvoll: komplex, wild, mit überraschenden harmonischen Nuancen und einer großen Bandbreite an Stimmungen. Unsere Künstlerin durchläuft sie mit einer meisterhaft talentierten Zwanglosigkeit, gleichsam eindringlich und intelligent, einer überzeugend-wohlklingenden Effizienz und mit, in seinen zahlreichen Nuancen, ausdrucksstarkem Elan. So kommt sie von der unglaublichen Pathetik Mignons zur Frechheit Philines, zur kühlen Gelassenheit Anakreons und dem feengleichen Zauber der Elfen oder der Erdverbundenheit der spanischen Lieder. Die von Wolf vertonten Dichter in ihrem Olymp können zufrieden sein: Goethe, Mörike, Geibel, Keller und Kollegen. Der Pianist, im Glück dieses dichten Dialogs aufgehend, stellt sich mit dem Ausgestalten der Zwischenspiele, die der Komponist dem Instrument verliehen hat, auf dieselbe höchste Stufe wie die Solistin.
Blas Matamoro (Übersetzung: Stefanie Brüning)
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