Die um 1788 entstandenen drei Quartette op. 54, die ersten der zwölf sogenannten "Tostschen Quartette", in denen Haydn die klassische Quartettform auf ihren Gipfel führte, offenbaren die immense kreative Kraft des Komponisten. Frei von Vorgaben und Konventionen lässt Haydn hier seiner Fantasie und Experimentierfreude freien Lauf, erprobt – ausgehend von den traditionellen und von ihm selbst geprägten Standards – immer neue Konstruktionspinzipien, harmonische Verbindungen und Satzformen und spielt dabei bewusst mit der Erwartungshaltung der Hörer. Seinem Einfallsreichtum scheinen in keinerlei Hinsicht irgendwelche Grenzen gesetzt, wobei seine Erfahrung und sein handwerkliches Können alle Elemente zu einer überzeugenden, wohldurchdachten Gestalt zusammenfügen. Während sich die Besonderheiten in den Quartetten G-Dur und E-Dur eher unauffällig einschleichen, fällt das Mittelstück der Trias, das C-Dur-Quartett, schon auf den ersten Blick aus dem Rahmen. Das geradezu zigeunerhafte Violinsolo über einer choralartigen Begleitung im Adagio und die für die damalige Zeit gewiss hochgradig irritierende Anlage des Finales sind nur zwei der Merkmale eines der experimentellsten Werke Haydns.
Das Auryn Quartett lässt in dieser auch technisch vorzüglichen Einspielung seine Hörer alle kompositorischen Ereignisse quasi hautnah miterleben. Die Musiker verfügen über den unerlässlichen Sinn sowohl für den Humor als auch für den Ernst Haydns und verstärken durch diese Neuveröffentlichung die Aussicht, dass hier eine neue Referenz-Aufnahme im Entstehen ist.
Sixtus König
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