Weiter ins 19. Jahrhundert zurück als das
Spiel Theodor Leschetizkys auf dem
Welte-Mignon-Flügel führen uns wenige
Tonaufnahmen – und klingen dank der modernen
Technik doch wie von heute. Im
Alter von neun Jahren musizierte Leschetizky
(1830–1915) mit Mozarts Sohn Franz
Xaver, mit elf wurde er Schüler Czernys.
Berühmt war er als Pianist, später als
Pädagoge. Komponiert hat er auch, virtuos-
brillante Salonstücke, von denen sich
hier einige finden. 1906 lag sein letzter Konzertauftritt
zwanzig Jahre zurück. Dennoch
bedarf sein Spiel keiner Nachsicht.
Was uns irritiert – freizügiges Rubato, arpeggierte
Akkorde, rhythmisch leicht verzögerte
Einsätze der rechten Hand –, sind
keine Fehler, keine persönlichen Eigenheiten,
sondern Rhetorik im Stil der Zeit. In
Mozarts c-Moll-Fantasie oder in Chopins
mit wunderbar singendemAnschlag artikulierter
Des-Dur-Nocturne begegnen wir einem
kreativen Interpreten, der jeden Ton
über das Notierte hinaus mit Ausdruck erfüllt
und dessen Vortrag doch stets klassisch
geformt bleibt. Usc
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