...eine Rarität und Sensation"
Vor 99 Jahren, am 18. Mai 1911 starb Gustav Mahler in Wien. Einen Monat später schrieb Arnold Schönberg einen musikalischen Grabstein für Gustav Mahler, ein kurzes Klavierstück von 59 Sekunden. Schönberg hat das Sinfonische, das Maßlose, die Naturklänge und Dissonanzen von Mahlers Musik gefiltert, quasi auf Quinten eingedampft, nur Bruchstücke und Ruinen sind übrig geblieben, Grabsteine eben. Vor 53 Jahren – also 1957 - hat Eduard Steuermann dieses Stück eingespielt, eine der ganz seltenen Aufnahmen, die es von Steuermann überhaupt gibt. Eigentlich ein Skandal, denn der 1964 verstorbene Eduard Steuermann zählt zu den prägendsten und innovativsten Pianisten des 20. Jahrhunderts und er galt als DER Schoenberg-Interpret. Von einer Langspielplatte wurde jetzt diese Rarität überspielt und restauriert: Ein akustischer Blick zurück ins frühe 20. Jahrhundert von einmaligem musikhistorischem Wert. Und Steuermanns Interpretation von Mahlers Grabstein ist schlicht eine Sensation: Die Feinheit der hohen Lage, die Verlorenheit der Melodiefetzen, das Unerbittliche in der Grabestiefe.Arnold Schönberg, Opus 19 Nummer 6, gespielt von Eudard Steuermann: 59 Sekunden Musik im Pianissimo erzählt ein ganzes Künstlerleben.
Cécile Olshausen
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