„Mit dickem Pinsel, mit feinem Strich malen Carlo Rizzi und das NedPhO ein farbenprächtiges Bild nach den Noten von Maurice Ravel. Die besten und schönsten Mikrofone helfen, den ganzen Reichtum an Farben einzufangen." Diese preisenden Worte gehen glücklicherweise an dem vorbei, was die vorliegende CD so annehmbar macht. Rizzi vermag die Niederländischen Philharmoniker nämlich zu einer derart filigranen, aufnahmetechnisch noch verstärkten Transparenz zu bewegen, dass ich die Produktion uneingeschränkt jedem fortgeschrittenen Gehörbildungskurs und jeder modernen Instrumentationslehre als praktischen Prüfungsstoff empfehle: In dem außerordentlich aufgefächerten Raum ist eine klangliche Spektralanalyse möglich, bei der man die Geschehnisse in einzelnen Stimmen und Gruppen geradezu mitschreiben und die Ingredienzien auch der raffiniertesten Mixturen bestimmen kann.
Derlei läßt sich nur mit feinster Vorbereitung erzielen. Ob der Schornstein des Kontrafagotts seine heiseren Schwaden ausstößt, wenn das Biest auf die Schöne trifft, ob die Celli in ihren weiten, bodenlangen Schwüngen durch den strahlend erleuchteten Tanzsaal walzen – alles lebt aus einer enormen Genauigkeit, der freilich jenes Quentchen an Seele geopfert wird, das aus einer Darstellung „nach den Noten von Maurice Ravel" eine wirklich mitreißende Angelegenheit entstehen ließe. Wie das hätte gehen können, ist im Tzigane zu hören, den der Solist Gordan Nikolic mit unwiderstehlichem Elan und Bogenwurf vorführt: Hier triumphiert die Musik über den bloß „richtigen" Text, und daher rückt die Interpretationsbenotung der Klangbewertung auch einen Punkt näher.
Rasmus van Rijn<< back