Nikolaus von Myra, laut Ökumenischem Heiligenlexikon zwischen 280 und 286 geboren und zwischen 345 und 351 in seiner Bischofsstadt Myra (heute Demre/Türkei) gestorben, ist einer der wenigen konfessionsübergreifenden Heiligen, denen auch die Ablehnung der Heiligenverehrung durch die Reformation nichts anhaben konnte – zu sehr hatte er schon seinen Platz in der Volksfrömmigkeit gefunden. Durch sein Fest am 6. Dezember ist er heute im Brauchtum der Vorweihnachtszeit verankert, im Mittelalter stand seine Verehrung allerdings auf einer sehr viel breiteren Basis: Viele Legenden erzählen von seinem wundertätigen Wirken und so versammelt er als Schutzheiliger (beispielsweise der Prostituierten, der Seefahrer, aber auch der Rechtsanwälte und Apotheker) eine vielschichtige Gemeinde um sich.
Das Ensemble Peregrina, 1997 von der polnischen Sängerin und Musikwissenschaftlerin Agnieszka Budziñska-Bennett in Basel gegründet, erforscht und interpretiert geistliche und weltliche Musik aus dem Europa des 12. bis 14. Jahrhunderts. Neben Agnieszka Budziñska-Bennett, die auch noch mittelalterliche Harfen spielt, besteht die Gruppe noch aus den Sängerinnen Kelly Landerkin und Hanna Järveläinen sowie Baptiste Roman an der Fidel. „Interpretation und Stil von Peregrina orientieren sich an den originalen Quellenmaterialien und Traktaten, sowie an jüngster musikwissenschaftlicher und historischer Forschung. Das Ensemble strebt in seiner Aufführungspraxis größtmögliche Nähe zu den Quellen an, ohne dabei stimmliche Balance und Klangschönheit zu opfern“, so die Selbstdarstellung von Peregrina im Internetauftritt des Ensembles.
Mit einer reichen Auswahl von liturgisch gebundener und volkstümlicher Musik, die zum größten Teil von Agnieszka Budziñska-Bennett aus mittelalterlichen Codices transkribiert worden ist, macht Peregrina seinem Namen alle Ehre – dazu wieder das Ensemble selbst: "Der Name Peregrina, die Umherziehende, spielt auf den Musik- und Ideentransfer im mittelalterlichen Europa an, gleichzeitig aber reflektiert er auch die persönlichen Reisen der Sängerinnen selbst."
Der Hörer kann sich mit dieser Musik zu Ehren des heiligen Nikolaus auf eine Reise ins 12. bis zum 14. Jahrhundert begeben, die dank des überaus klaren und tonreinen Gesangs der drei Damen nicht nur einen intellektuellen Genuss an der so andersartigen, jedoch überaus kunstfertigen Mehrstimmigkeit des Mittelalters bereitet, sondern auch eine Stimmung der meditativen Ruhe durch Versenkung in die verschlungenen musikalischen Linien vermitteln kann. Besondere Erwähnung verdient auch die überragende Tontechnik, mit der diese Musik vom Label Tacet eingefangen worden ist.
Detmar Huchting<< back