--> zur Original-Kritik
Frankreich ist kein Land der Symphonien, und die wenigen Beispiele gehören nicht zum Schatzkästlein der Literatur. Dennoch wäre es falsch, Charles Gounods Symphonien Nr. 1 und 2 wegen ihres unkomplizierten Charakters und ihrer einfachen Sprache naserümpfend links liegen zu lassen. Sicher, Gounod manifestiert sich in diesen klassisch schönen Werken nicht als Ideenbold und nicht als Seelenakrobat. Doch er webte ungehemmt einen phantasievoll gemusterten Musikteppich. Und gerade weil die Musiksprache einfach ist, muss man genau hinhören. Die Beschränkung der äußeren Mittel zwingt uns dazu, denn nur so enthüllt sich der Wert die Symphonien.
Gordan Nikolic nimmt die beiden Symphonien ein gutes Stück langsamer als sein Kollege Oleg Catani (bei cpo) (Kritik siehe hier) und was bei dem Italiener in unbeschwerter Musik endet, bekommt bei Nikolic mehr Bedeutung, mehr Dramatik. Sein Allegretto moderato ist wirklich zurückhaltend und von einer ganz anderen Eloquenz als die Catanis, weil sie mehr Spannung mehr Mysteriöses ins Schwingen bringt. Der Satz ist ein kleines Wunder an dynamischer, agogischer und farblicher Nuancierung. Das Finale ist nicht nur beschwingt es wird auch sehr gut gesteigert. Auch in der zweiten Symphonie lässt der Dirigent den Dingen ihren natürlichen Lauf, kostet die Musik mit Delikatesse aus, formt sie liebevoll und achtet nur darauf, dass sie ständig rhetorisch fließt. Nikolic kommt hierin Patrick Gallois näher, der die beiden Werke für Naxos aufgenommen hat.
Die Aufnahme ist räumlich und gleichzeitig sehr präsent und wohl ausbalanciert.
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