Dank der Renaissance des früher nur in der Sowjetunion bekannten Komponisten Mieczyslaw Weinberg, der als Pole jüdischer Abstammung auf der Flucht aus Warschau über Minsk vor den deutschen Nationalsozialisten als Protegé von Shostakovich nach Moskau gekommen war und dort die Repressalien unter Stalin erfahren musste, können wir hier seine Werke für Soloflöte hören. Es sind dies ein Trio, ’12 Miniaturen’, ursprünglich mit Klavierbegleitung und später mit Streichorchester gefasst sowie die beiden Konzerte.
Damit werden auch rund 40 Lebensjahre des Komponisten umspannt. Diese reichen von den ’12 Miniaturen’ des Dreißigjährigen, der als junger Ehemann und frischer Vater auf eine gute Zukunft hoffte, bis hin zum Zweiten Konzert, in dem man trotz fröhlicher Einschübe den kranken und von der Welt vergessenen Musiker herauszuhören meint.
Die beiden Konzerte sind jeweils dreisätzig und bleiben, wie das Gesamtwerk von Weinberg, tonal gebunden. Insbesondere die Ecksätze sind virtuos lebensbejahend. Nur der Mittelsatz, eine Passacaglia, die im tiefen Register zu spielen ist, bringt einen nachdenklichen Einschlag. Im Finale werden neben polnisch-russischen Strukturen mit der Passage der Sologeige im Sinne Mahlers Reminiszenzen an sein zweites Vorbild neben Shostakovich gemacht. Im zweiten Konzert, vier Jahrzehnte später, ist es eher umgekehrt, und die Leichtigkeit hat den geringeren Anteil.
Das Trio in der ‘Debussy-Besetzung’ mit Bratsche und Harfe zeigt jedoch kaum ein französisches Idiom. Vielmehr ist es eines der Werke, in denen Weinberg auf die klare Tonalität und einprägsame Rhythmik verzichtet und damit schon an seine tonalen Grenzen geht. Die ’12 Miniaturen’ bringen verschiedene Stimmungen, die als elegisch, melancholisch und auch fröhlich bezeichnet werden können.
Die Flötistin Antonina Styczen ist vor allem in Polen mit Stipendien gefördert worden und hat infolge ihres auch internationalen Studiums mehrere Preise erringen können. Ihr Engagement für Weinberg beeindruckt mit der Intensität und Vielseitigkeit des Ausdrucks.
Ihre gleichaltrigen Partner im Trio tragen dazu bei, dieses kleine Werk als glänzende Perle trotz seiner ungewöhnlichen Struktur zu machen.
Die Polnische Kammerphilharmonie unter Wojciech Rajski ist ein seit Jahrzenten auch über Polen hinaus bekanntes Ensemble, das mit viel Verve spielt und mit bis hin zu artistisch anmutenden Interpretationen hervorgetreten ist. Es ist ständiger Gast auf internationalen Festivals. Hier kann es seine Brillanz nutzen, um die Solistin bei der Präsentation der Musik ihres Landmannes auf Schwingen zu tragen.
Uwe Krusch<< back