Das Domenico-Scarlatti-Projekt
Christoph Ullrich spielt seit 2011 sämtliche erhaltenen 555 Cembalosonaten Domenicos Scarlattis für das Label TACET auf einem modernen Steinway-Konzertflügel ein. Bereits zwölf Doppel-CDs sind seither erschienen: Volume 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 , 9, 11, 14 und 15. (siehe Online-Katalog https://tacet.de ). Jährlich wird eine neue Doppel-CD erscheinen. Voraussichtlich ist das Projekt 2028 abgeschlossen.
Scarlattis einsätzige Sonaten sind ausschließlich in – unter seiner Aufsicht entstandenen – Abschriften erhalten. Sie wurden zu seinen Lebzeiten in 15 Bänden zusammengefasst, die – bis auf zwei Ausnahmen – 30 Sonaten enthalten. Diese Bände vermachte Scarlattis langjährige Gönnerin und begabte Schülerin, die spanische Königin Maria Barbara de Braganza in ihrem Testament dem auch am spanischen Königshof wirkenden Kastraten Carlo Broschi – bekannt unter seinem Künstlernamen Farinelli –, der sie nach Bologna brachte. Nach dessen Tod wurde sein gesamter Nachlass zwar verstreut, die 15 Bände landeten aber schließlich glücklicherweise 1835 in der Biblioteca Marciana in Venedig.
Diesem Konvolut von 496 Sonaten, die zwischen 1742 und 1757 abgeschrieben worden war, gingen die von Scarlatti so bezeichneten 30 Esercizi voraus, die er 1738 dem Vater Maria Barbaras, König Jose V. von Portugal als Dank für den Ritterschlag widmete. Diese Werke werden den Sonaten zugerechnet, da sie sich formal von den später geschriebenen Werken nicht unterscheiden und somit die lange Reihe der späten Klavierkompositionen Scarlattis anführen.
Die Zählung der Sonaten folgt dem Verzeichnis von Ralph Kirkpatrick (K. 1 – K. 555).
Die einzelnen Volumes enthalten jeweils die Sonaten eines dieser zentralen 15 venezianischen Bände sowie die Esercizi. Zusätzliche in anderen Sammlungen und Bibliotheken überlieferte Sonaten werden entsprechend ihrer zeitlichen Zuordnung – der Zählung Kirkpatricks folgend – eingefügt.
Das Projekt wird musikwissenschaftlich von Thomas Seedorf begleitet, der zu jedem Volume einen Artikel zu einem Fragenkomplex des Werks und Lebens Domenico Scarlattis als Booklettext beisteuern wird.
In unregelmäßigen Abständen werden klingende Kommentare zu Scarlatti, d.h. Kompositionen zeitgenössischer Komponisten und Improvisationen von Interpreten als spielerische Zugabe den CDs hinzugefügt werden, so auf Volume 15 zwei Improvisationen zu den Sonaten gemeinsam mit dem Schlagzeuger Eric Schäfer.
Die Produktionen wurden von der Musikkritik begeistert aufgenommen:
“Auch Volume 14 gehört auf die Liste fürs Weltkulturerbe” Martin Hoffmeister, Mitteldeutscher Rundkfunk
“Ullrich wartet auf den Moment, in dem die Musik zu schweben beginnt: als sei sie eins und doppelt, Goethes Gingko-Biloba-Blatt gleich.” Mirko Weber, Die Zeit
“Es gelingt ihm in diesem vierten Anlauf auf den Scarlatti-Gesamtsieg, auf einem darstellerischen und fingertechnischen Niveau zu agieren, wie es nur von wenigen „Konkurrenten“ vergangener Scarlatti-Zeiten erreicht worden ist.” Peter Cossé, Klassik Heute
„Was man an Ullrichs Darbietungen wirklich bewundern muss, ist die Art und Weise, wie er die Musik nicht nur spielt, sondern sie auch lebt. Die Art und Weise, wie er nuanciert und die Musik rhetorisch aufwertet, ist bemerkenswert.“ Norbert Tischer, Pizzicato
„Diese so unglaublich verschiedenen Farben, wie Ullrich sie hervorzurufen imstande ist, führen jedenfalls dazu, dass man in diese Musik regelrecht hineingesogen wird und von Sonate zu Sonate neugierig weiterhören möchte.“ Klassik.com
„Glücklicherweise gelingt es dem Pianisten, jegliche akademische Ermüdungserscheinungen zu vermeiden. Spritzig-elegant präsentiert er die Petitessen. Leicht federnd, transparent und dynamisch ausgefeilt führt er uns durch die Sonaten und ehe man sich versieht, ist jeweils fast eine Stunde Hörgenuss vorüber. Zwar geht Ullrich enzyklopädisch vor, aber die Musik behält ein intuitives Moment: entspannt und schwebend.“ Anja Renczikowski, Piano News